erschienen im Rowohlt Verlag
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Aichners Welt
In Bernhard Aichners Welt werden Personen vollkommen neu besetzt. Er verdreht unsere Welt. John und Yoko sind nicht die lieben, etwas naiven, pazifistischen Aktivisten. Nein, sie sind eine Person, morden auf makabre Art, um ihre Gerechtigkeit zu erhalten, um zu überleben. Und dabei überschreiten sie Grenzen oder besser gesagt: Sie kennen keine Grenzen. Bernhard Aichner ist sich mit seinem neuesten Werk, selbst treu geblieben, ohne langatmig, langweilig oder eintönig zu werden. Ganz im Gegenteil. Sein Werk „John“ ist schnell, treibt uns von Seite zu Seite. Und dabei hatten wir uns doch alle nach dem Vorgängerwerk „Yoko“ gefragt: Was gibt es noch zu erzählen?
Wer den kurzweiligen, schnellen Thriller, fürs allabendliche Abschalten sucht, wird mit „John“ das richtige Buch finden. Man sollte, muss aber nicht „Yoko“ gelesen haben, um in diese rasante Fahrt einzusteigen. Man sollte sich in Aichners Welt aber darauf einstellen, dass viele Menschen „verschwinden“.
Wenn friedliebenden Menschen der Frieden genommen wird
Yoko hat 8 Menschen getötet und kommt auf sich selbst als Mörderin nicht klar. Irgendwie wollte sie dies alles nicht. Nun kann sie nicht abschalten, nicht vergessen, ja, an ihrem herrlichen Fluchtort, nicht wieder neu beginnen. Und dann steht schlagartig ihre Vergangenheit vor ihr.
Yokos Leben entwickelt sich immer wieder von einem ruhigen „Dahinplätschern“ zum exzessiven Ausnahmezustand. Dabei hatte sie sich doch in ihrer neuen Rolle als John, weit, weit weg von Deutschland, so gut vor der Welt getarnt.
Aichner ist ein Meister darin uns in Spannung warten zu lassen. Wir warten minütlich darauf, dass jeden Augenblick die gesamte Situation explodieren kann. Vor allem, wenn man einige seiner Werke kennt, erwartet man dies von Zeile zu Zeile. Es erscheint, dass wütende Frauen sein Markenzeichen werden. Und es gibt Fragen: Wird seine Protagonistin dieses Buch überleben? Wer überlebt überhaupt? Wir erleben in Aichners Büchern nur einer Gewissheit, nämlich dass alles möglich ist, wenn friedliebenden Menschen ihr Frieden genommen wird.
Fortsetzung
Aichners Fortsetzung wirkt genuin, nicht aufgesetzt oder angehängt. Durch den nahtlosen Übergang von „Yoko“ hierher, der für uns Leser mit einigen Hilfestellung für unsere Erinnerung unterbaut wurde, schafft Aichner es, dass wir das Gefühl haben, dass die Geschichte einfach in ihrer speziellen „Normalität“ weiterläuft.
Aichners gekonntes Spiel mit den Erzählperspektiven lockert das Werk immer wieder auf. Am meisten gelingt es ihm aber durch die dialoggeprägten Kapitel, dem Ganzen oft das Gefühl eines Kammerspiels und Hörbuchs zu geben. Das ist schnell, das hat Wortwitz und bekommt noch einmal einen anderen Drive. Ein gekonntes Werk – unser Warten seit „Yoko“ hat sich gelohnt.