Geschichte Im Kaiserreich – Eine kurze Geschichte 1871 – 1918 | Katja Hoyer Textopfer, April 24, 2024April 24, 2024 Wenn man in Deutschland viele erwachsene Personen nach der Geschichte ihres Landes und Volkes befragt, dann bekommt man wohl viele Aussagen im Rahmen von Fragezeichen bis mangelhaft, als in kaum einem anderen Land. Gibt es noch rudimentäres Wissen zum Nationalsozialismus, so liegen Weimarer Republik und Kaiserzeit bei vielen im Dunkeln. Dabei gilt es doch diese ersten deutschen Staaten zu verstehen, um unsere “Jetzt-Situation” als Staat in der heutigen Welt zu begreifen. Und deutsche Geschichte – die Geschichte des Kaiserreichs – muss nicht verstaubt, konservativ und in rückgewandter Form um die Ecke kommen. Sie kann modern und dossiert geschrieben sein. Ein Beispiel dafür ist dieses Buch! Katja Hoyer beschreibt den Aufstieg Preußen seit den Befreiungskriegen 1812, die zum Mythos des späteren Deutschen Reichs werden. Ein Staat, der eigentlich nichts anderes ist als eine Erweiterung Preußens. Diesem Geisterstaat der deutschen Geschichte, dessen Geist wir bis heute an vielen Ecken und Enden unserer Gesellschaft, unseres Landes und Denken noch immer finden. Und dessen historischer Geist die Folgestaaten prägen sollte. weiterlesen
Naturwissenschaften Die Neandertaler und wir | Svante Pääbo Textopfer, April 21, 2024April 21, 2024 Svante Pääbo, Nobelpreisträger und höchst anerkannter Naturwissenschaftler erzählt uns von seinem internationalen Forscherleben und die Fortschritte im Bereich der Genetik der letzten rund 40 Jahre dar. Das Buch besticht aber nicht nur durch seinen mitreißenden, besonderen Sachverstand. Nein! Durch den hohen autobiographischen Anteil, den er in seinen Erzählungen preisgibt, lernen wir auch die Person hinter dem Wissenschaftler kennen. Für Pääbo scheint sein wissenschaftlicher Tatendrang und Erfolg sehr eng mit seinem privaten Lebensweg verknüpft zu sein. Und dabei ist er sehr offen und direkt, was ihn besonders sympathisch macht. Das kennen wir so von anderen Wissenschaftlern bei weitem nicht. Hier gibt es keine Angst durch die Einbringungen sehr intimer und privater Details, eventuell unsachlich zu wirken. Seine persönlichen Entscheidungen haben nach seiner Sicht sehr viel mit seinem erfolgreichen beruflichen Weg zu tun und umgekehrt. Neben den vielen Errungenschaften, die uns einen ganz neuen Blick auf uns als Menschen und unserer Vererbungen bringen (z.B. die Entschlüsselung des Genoms der Neandertaler oder die Entdeckung des sogenannten Denisova-Menschen), gibt er uns einen interessanten Einblick, wie Forschung in unserer Zeit überhaupt funktioniert – wie z.B. die Arbeit im Labor funktioniert oder die Kommunikation der weltweit forschenden Wissenschaftler. Ein Buch, das (und das sage ich als Geisteswissenschaftler) absolut Lust auf Naturwissenschaften macht. weiterlesen
Geschichte Verdun 1916 | Olaf Jessen Textopfer, April 9, 2024April 9, 2024 Krieg ist in Europa wieder ein aktuelles Thema und es gibt wohl keine Schlacht in der modernen Geschichte, die auf tragische und fast exemplarische Art den Wahnsinn des Krieges deutlicher auf den Punkt bringt als die Schlacht um Verdun 1916 im Ersten Weltkrieg. In keiner Schlacht kamen mehr Menschen auf engstem Raum um als dort! Man geht von ungefähr 700.000 Menschen aus, die in ca. 8 Monaten dort starben und das Ergebnis der Schlacht war, dass am Ende beide Seiten wieder dort standen, wo sie die Schlacht begonnen hatten. Irrsinn, Wahnsinn, Krieg! Verdun ist somit ein Zeichen für Frieden, für ein vereintes Europa geworden, auch wenn es noch lange bis nach diesem Krieg dauerte, ehe beiden Seite dies eingesehen haben. Olaf Jessen präsentiert diese schreckliche Schlacht in Form einer chronologischen Abfolge der politischen und kriegerischen Geschehnisse. Deutlich macht er, dass die Führungen auf beiden Seiten die Situation vollkommen falsch einschätzen, was zu fatalen Ergebnissen und Konsequenzen für die Soldaten an der Front auf beiden Seiten führt. Doch der einzelne Soldat hat wenig Wert für sie! Darüber hinauszeigt er den perfiden Glauben der Generalitäten an die „Errungenschaften“ des modernen industrialisierten Krieges. Die Artillerie soll einfach alles kurz und klein schießen, dann wird man den Krieg schon gewinnen – dann soll es keine Gegenwehr mehr geben. Ein schrecklicher Trugschluss. weiterlesen
Geschichte Deals mit Diktatoren | Frank Bösch Textopfer, März 17, 2024März 17, 2024 „Der Blick auf den Umgang mit Diktatoren eröffnet eine andere Geschichte der bundesdeutschen Demokratie…”, denn wie einfach ist es, sich selbst alle guten Werte zuzuschreiben und autokratische Staaten zu verurteilen. Aber man lebt nicht losgelöst von ihnen auf einem anderen Planeten und vielleicht benötigt man sie zeitweise: Ihre Ressourcen, ihr Geld, ihren militärischen oder politischen Einfluss. Eine komplizierte und spannende Geschichte, die Autor Frank Bösch uns hier präsentiert, die dem ständigen Wechsel des Zeitgeistes in der Bundesrepublik Deutschland unterlag. Frank Bösch beweist hier nach seinem genialen Buch „1979“ (findet ihr auch hier auf dem Blog) erneut, dass er einen guten, kritischen Blick auf die Geschichte unseres Landes hat. 1955 war die junge Bundesrepublik überhaupt froh, dass irgendein internationaler Staatsgast nach Deutschland kam. Die schreckliche Vergangenheit hielt viele demokratische Staatsführer davon ab, diesem Experiment „Bundesrepublik“ nach der Diktatur einen Besuch abzustatten. Jedoch Haile Selassie und der Schah von Persien kamen. Großen Hof hielt man ab, denn man wollte Geschäfte machen. Es erscheint, dass niemand ein moralisches oder politisches Problem darin sah, diesen Diktatoren mit großem Pomp zu begegnen. Haben wir hier vielleicht noch Ansätze von Verständnis, so entgleitet dieses jedoch mit jedem Jahr, in dem die Bundesrepublik sich als Demokratie etablierte. Jedoch muss natürlich betont werden, dass die Absicherung der Westbindungen immer den Vortritt gegenüber den Kooperationen mit irgendwelchen Autokraten hatte. Der Kalte Krieg dominierte alles diplomatische Handeln und legitimierte dies für die Regierung Adenauer auch. weiterlesen
Geschichte Frühling der Revolution | Christopher Clark Textopfer, März 3, 2024März 3, 2024 Der australische Historiker Christopher Clark ist uns aus den Medien bestens bekannt und oft neigen wir dazu, solchen Medienstars in der Oberflächlichkeit vieler medialer Darstellungen von Geschichte, ihre Wissenschaftlichkeit abzusprechen. Doch schon in „Schlafwandler“ hatte er über seine Darstellung, Europas Weg in den 1. Weltkrieg, seine wunderbaren handwerklichen Fähigkeiten der Geschichtsschreibung auf moderne Art fabelhaft bewiesen. Akribisch, fleißig und umfassend sind seine Darstellungen! „Frühling der Revolutionen“ ist nun sein neustes umfassendes Werk. Christopher Clark macht nun endlich den Schritt, denn dieses Thema, diese Revolution (oder vielleicht eher der Versuch einer Revolution) war: Eine europäische Revolution! Eine Identifikation der verschiedenen Bevölkerungen über Grenzen hinweg mit dem Gedanken einer gemeinsamen Identität bezüglich der gewünschten Rechte für jeden Menschen, einer Unabhängig von seiner Herkunft und eines gemeinsamen Wunsches, nämlich Regierungen selbst zu wählen (egal ob als konstitutionelle Monarchie oder rein parlamentarisch, mit einem Zensuswahlrecht oder als Basisdemokratie). Und so spielt sein Revolutionsbuch auf den vielen verschiedenen Bühnen Europas: In Polen Spanien, Italien, Schweiz, Ungarn und vielen mehr und in Städten wie Paris, Berlin, Brüssel und, und… Europa beginnt zu brodeln, bis die Dämme brechen, ja bis zur Explosion oder wie der Untertitel im Buch sagt: Krawall mit Ansage. weiterlesen
Geschichte Todeswalzer – Der Sommer 1944 | Christian Bommarius Textopfer, Februar 25, 2024Februar 25, 2024 Eigentlich ist der Krieg im Sommer 1944 schon verloren. Nach dem D-Day, dem Putschversuch der couragierten Soldaten um Staufenberg herum, kommen nun die Alliierten von Osten, Süden und Westen aufs Reichsgebiet zu. Aber der „große Diktator“ ignoriert dies, versteht dies wahrlich nicht. Es ist der Auftakt zum Kriegsjahr mit den meisten Toten im 2. Weltkrieg – das Grande Finale eines Wahnsinns. Und so geht das Sterben auf den Schlachtfeldern, den Städten oder Konzentrationslagern in immer höheren und schnelleren Frequenzen weiter. Es wird in seinen Opferzahlen die fast fünf vorherigen Kriegsjahre auf schreckliche, barbarische Art übertreffen. Und diese große Weltgeschichte ist mit so unzählig vielen Menschen verbunden, von denen einige hier in den Mittelpunkt gestellt werden. Ob Freund, ob Feind – keiner kann sich dem im Sommer 1944 entziehen. Christian Bommarius erzählt pointiert in Schlaglichtern und lässt uns teilhaben an einzelnen Schicksalen und verheerenden Konsequenzen für ganze Bevölkerungsgruppen. Ein Buch, das dem Krieg Gesichter gibt und viele Aspekte erzählt, die bei anderen Darstellungen des zweiten großen Kriegs oft „unter den Tisch“ fallen. Spannend, informativ und mit sehr viel Menschlichkeit. weiterlesen
Geschichte Sapiens | Yuval Noah Harari Textopfer, Februar 11, 2024Februar 11, 2024 ch hatte es noch nicht gelesen, aber sehr viel darüber gehört: „Sapiens“ vom genialen Oxforder Professor Yuval Noah Harari. Es stand schon lange auf meiner Bücherwunschliste! Und so nahm ich nun die (erweiterte) Neuauflage, welche in diesem Jahr anlässlich des ersten Erscheinens vor 10 Jahren auf dem deutschen Büchermarkt herausgebracht wurde, zum Anlass, es endgültig zu lesen. Ich gebe zu – ich bin begeistert und verstehe die Begeisterung rund um den Autor! Harari hat einen fabelhaften, unterhaltsamen Schreibstil, der die oft trockenen Fakten intelligent und auch mit feiner Ironie präsentiert. Zudem besticht er mit einem wunderbaren kritischen Blick – manchmal auch mit Nachsicht – auf die Menschheit und ihre Geschichte. Hier ist nicht nur ein Historiker am Werk, sondern auch ein Philosoph. So wie Harari erzählt, haben wir das Gefühl von etwas Großem und Großartigen zu hören. Seine Begeisterung für diese Geschichte reißt uns mit. Er sprüht förmlich! Umsichtig, faktenreich und mit Wortgeschick und -witz. Kein Buch, dass man zwischendurch mal ein paar Minuten liest, es hat mir sofort immer Stunden genommen und währenddessen viele, viele neue Perspektiven gegeben. Gerne hätte ich einige Semester bei diesem faszinierenden Historiker studiert – aber ich habe zumindest dieses Buch, das ich in naher Zukunft noch einmal lesen werde. Harari erzählt die Geschichte der Menschheit, indem er die revolutionären Entwicklungsschritte und deren Erfindungen (wie z.B. sesshaft zu werden, Schrift, Verwaltung, etc.) hinterfragt. Nicht jeder Schritt war ein Ergebnis eines voll umfassenden, durchdachten Handelns, sondern oft Konsequenz vorheriger Handlungen oder eines vorläufigen Glaubens an einen Fortschritt oder einer Sicherheit. So sind wir fern ab eines Masterplans der Entwicklung, sondern mehr in einem (sehr menschlichen) „Try and Error“ und der Weg zurück (wenn es mal nicht so gut gelaufen ist) fällt uns halt mehr als schwer. Es ist die Geschichte eines Wesens mit Verstand, das aber auch sehr geprägt ist durch vorschnelle Fehler. weiterlesen
Geschichte Um 1500 | Romedio Schmitz Esser Textopfer, Dezember 10, 2023Dezember 10, 2023 Was soll uns im Jahre 2023 die Zeit „Um 1500“ interessieren? Ganz, ganz viel! Es ist der historische Schnitt über die Renaissance zur Neuzeit! Das haben wir Menschen rückblickend festgelegt, um auszudrücken, dass ein neues Zeitalter begann: neues Denken, neue wissenschaftliche Errungenschaften, eine neue Sicht auf die Welt, ein neues Verständnis des Menschen und, und, und…! All dies ließ alte Dinge einbrechen, geglaubte Sicherheiten gerieten ins Wanken. Und die aufkommenden Gefühle der Unsicherheit, der möglichen Angst, der Frage: „Wohin geht es?“ – ja, all das können wir nahtlos auf „Um 2000“ übertragen. Es erscheint wirklich, dass wir in eine neue Zeit (mehr als eine Epoche), vielleicht in die Postmoderne übergehen. Ein Hauch von Angst, Weltuntergang und eine vollkommen neue Welt liegt vor uns. Es lohnt sich also gerade jetzt, sich mit der Zeit „Um 1500“ auseinandersetzen. Und „Um 1500“ bietet eine breite Fülle der Themen dazu! Vom Alltäglichen bis zum Speziellen. weiterlesen
Geschichte Rom brennt! Nero und das Ende einer Epoche Textopfer, November 19, 2023November 19, 2023 Wir wissen – durch die Sozialen Medien in diesem Jahr – dass das römische Reich bei Männern ein dauerhaftes Thema ist! Wenn dann auch noch eine der großen Fragen der Weltgeschichte dazu kommt (Hat Nero wirklich seine Hauptstadt abfackeln lassen?), dann kann dies die Grundlage für ein mitreißendes Geschichtsbuch sein. Es kommt nun „nur noch“ auf den Autor an. Anthony A. Barrett hat diese Aufgabe umfassend, informativ und sprachlich spannend mit Bravour umgesetzt! Durch intensive Quellenrecherche und dem Talent diese gut gegeneinander abzuwägen, nähern wir uns dem alten Vorurteil, dass der cholerische, selbsternannte Künstler und Diktator Nero Rom zerstören wollte. Am 19. Juli 64 n.Chr. änderte dieser Brand die Welt. Neun Tage sollte er wüten und nicht nur die mächtigste Stadt der damaligen Zeit zerstören, sondern auch den mit Abstand mächtigsten Mann der damaligen Zeit zu Fall bringen. Wichtig ist: Wir sind hier nicht in Hollywood bei Peter Ustinov und Quo Vadis. Nein, der britische Historiker Barrett möchte uns die Geschichte in all ihrer Turbulenz und Dramatik, gespickt durch umfassende Fakten über das Alltagsleben der Römer, näherbringen. weiterlesen
Historische Romane Junge Frau von 1944 oder 199 Tage | Ulla Dick Textopfer, Oktober 25, 2023Oktober 25, 2023 Ein ungewöhnliches Buch hat uns Ulla Dick hier geschrieben. Ein Buch mit zwei Titeln, das zwei vollkommen verschiedene Genre miteinander unter einen „Hut“ bringt. Den Roman und das Sachbuch! Die Verbindung ist: Es ist nur eine Geschichte, die Geschichte der Menschen in Aachen in der Interimszeit zwischen der Besatzung durch die Alliierten im Dezember 1944 bis zum endgültigen Ende des Krieges am 8. Mai 1945. Ein außergewöhnlicher Ansatz, um ein historisches Thema zu verarbeiten. Wobei es schon lohnend ist, da diese kurze – und für die aufzubauende Bundesrepublik – wichtige Zeit, so selten Thema ist. Dieser Roman mit einer fiktiven Familiengeschichte, ist auch gleichzeitig in seiner faktenreichen Aufarbeitung der letzten Kriegstage rund um Aachen mit vielen, vielen Informationen wie ein geschichtliches Sachbuch. Für den Leser ist es vorteilhaft, dass beide Teile beim Lesen gut voneinander zu unterscheiden sind. Ein Buch für Menschen, die Interesse an der Nachkriegszeit haben, die versuchen wollen zu verstehen, was die Alltagssorgen der Menschen waren und die neugierig sind auf die Geschichte Aachens, der Stadt im Herzen Europas. weiterlesen