Roman Orlando | Virginia Woolf Textopfer, Juli 21, 2024 Als ich diesen Blog einmal gestartet habe, war ganz klar ein Ziel – neben vielen nie bewusst gewählten Zielen -, dass ich besondere Bücher vorstellen wollte. Heute habe ich mir für die Jubiläumszahl 250 sehr bewusst Virginia Woolfs großes, Werk „Orlando“ ausgesucht. Eigentlich sollte man überhaupt nicht versuchen, die literarische Kunst einer Virginia Woolf vorzustellen, sondern einfach das Werk empfehlen und es vollkommen für sich selbst sprechen lassen. Aber das schaffe ich dann doch nicht. Man möge mir verzeihen! Virginia Woolfs „Orlando“ ist in seiner Sprache, seinen Beschreibungen, Vergleichen und Wortwitz, ein literarisches Kunst- und Meisterwerk. Aber vor allem das Thema der Geschlechtlichkeit katapultiert das Buch quasi in unserer Zeit! Macht es modern und gleichzeitig so wunderbar zeitlos! Orlando, der einst ein Mann war, verändert sich im Laufe des Buches zur Frau. Die Gründe nennt die vermeintliche Biografie nicht, aber diese sind auch nicht wichtig. Woolf schockiert damit 1928, heute zeigt sich ihre Vordenkerrolle. Das Relativieren des Geschlechts ändert alles literarische Denken rund um die Statik von Protagonisten. weiterlesen
Roman Der Fänger im Roggen | J.D Salinger Textopfer, April 28, 2024April 28, 2024 Viel ist geschrieben worden über den Fänger im Roggen und wer ist eigentlich dieser Holden Caulfield. Dieser Ich-Erzähler, Teenager, der uns ganz unverblümt sagt, dass er nun mal immer lügt. Und dies zieht er in einer großmäuligen Art durch den gesamten Roman. Und dazu passiert auch nicht viel und es vergeht nicht viel Zeit – nur ein Wochenende. Aber dieser verlogene, großmäulige Teenager hat seinen eigenwilligen (oft arroganten) Blick, entwickelt seine Ansicht, wird unterschätz, schlägt quer und äußert dann plötzlich eine zutiefst dunkle Philosophie. J.D. Salingers Werk ist eine große Fundgrube – auch nach über 70 Jahren. Und dies nicht nur für die Menschen, die sich als gebildet und intellektuell ansehen und somit Klassiker lesen. Nein, auch nach wie vor für junge Menschen, die am Start des Lebens sind. Ein dynamischer Klassiker, der das Kontroverse nicht verloren hat. Auch, wenn die Zeit fern ist – seine Haltung ist generationsübergreifen und wahrscheinlich auch für GenZ eine Fundgrube: „Manchmal benehme ich mich um einiges älter, als ich bin – wirklich -, aber das merkt dann bloß keiner. Die Leute merken nie was.“ Holden ist halt zeitlos als junger Mensch sehr klar und unterhaltsam: „Aber man weiß nie – bei der Mutter von jemand, meine ich. Mütter sind alle leicht gestört.“ weiterlesen
Roman Wie ich unsterblich wurde | Nero Campanella Textopfer, Dezember 17, 2023Dezember 17, 2023 Wer will es nicht sein? Unsterblich! Unsterblich für die Menschheit! Das besondere Werk geschaffen, das vielleicht Jahrhunderte in die Menschheitsgeschichte nachhallte. Nero Campanella kreiert Decker, der eigentlich ein Dilettant ist, aber Großes in sich spürt. Er erklärt uns, wie er unsterblich wurde. Das Buch spielt während der Coronazeit und der Autor überfällt uns etwas damit, dass er die Hauptperson Decker vorstellt, indem er diesen sich erst einmal übergeben lässt. Decker ist ein etwas runtergerockter Typ. Aber auch ein etwas sensibler Mensch, dem bei heftigen Nachrichten direkt der Magen versagt. Nun ist er, Hegelianer und Schriftsteller, auf dem Weg ins tiefste Brandenburg – etwas fern ab. Eingeladen vom saarländischen Kultusministerium soll er ein Buch schreiben. In einer Villa mit einigen anderen Gästen, Pseudokünstlern, Pseudo Intellektuellen, haust er einige Wochen mit großem, kreativem Ziel. Decker hat sich nichts anderes vorgenommen als die Deutsche Gegenwartsliteratur in die Luft zu sprengen. weiterlesen
Roman Ich, Sperling | James Hynes Textopfer, Oktober 29, 2023Oktober 29, 2023 Bildung, Wissen, Ästhetik – dafür steht die Antike. Wir befinden uns in diesem Roman kurz vor dem Untergang diese Zeit, im 4. Jahrhundert nach Christ Geburt, im Süden des heutigen Spaniens – in Hispania. Wir befinden uns also kurz vor dem langen Schlaf der Kultur und des Wissens im kommenden Mittelalter. Auch Jakob, die Hauptperson, geht nicht mehr davon aus, dass seine Geschichte zukünftig von jemandem gelesen wird. Es erscheint, dass alles in Vergessenheit geraten wird. „Ich, Sperling“ ist ein eindrucksvoller, besonderer Roman in einer historischen Umgebung. Geprägt ist das Erzählen des Autors James Hynes durch eine fabelhaft lyrische, bunte, vielfältige und sehr ausgefeilte Sprache, voller intensiven Darstellungen, die sich in Momenten der Gewalt und des Sex plötzlich brachial und derb präsentierten kann. Das alles ist ausdrucksstark und verfehlt beim Leser nicht seine Wirkung. weiterlesen
Dystopie The Marriage Act – bis der Tod euch scheidet | John Marrs Textopfer, September 17, 2023September 17, 2023 In seinem neusten genialen Werk hat John Marrs die dystopische „schöne neue Welt“, die uns durch die Digitalisierung und die Gefahren versagender Demokratien blühen kann, erneut fabelhaft auf den Punkt gebracht. Und ganz oft überkommt uns während des Lesens das Gefühl, dass wir sehr, sehr knapp vor dieser Welt stehen und wir schon in wenigen Monaten und Jahren in dieser Welt leben könnten. Das ist nicht das zeitliche Science-Fiktion-Katapult in eine ferne Zukunft in 200 oder 300 Jahren. Nein, das ist die mögliche, erdrückende Lebensrealität vielleicht im Jahr 2024 oder 2025. Und all dies hinterfragt unser Jetzt! Unsere naive Technikgläubigkeit, unseren eingepaukten Positivismus, in dem wir glauben, dass am Ende immer alles gut wird. Wird es aber nicht! weiterlesen
Krimi/Thriller Das Gekaufte Leben | Tobias Sommer Textopfer, August 13, 2022August 28, 2022 Erschienen im DTV-Verlag Rezensionsexemplar Ab in die Story! Ich mag Geschichten, die daherkommen als würde… weiterlesen