Schon zu Beginn seines Werkes stellt Autor Raimund Schulz, selbst sehr ehrlich und überzeugend fest, dass ein Versuch, alle Ereignisse der Antike, die weltweit stattgefunden haben, in ihrer Fülle in einem Buch darzustellen, den Rahmen absolut sprengen würde. Und genau hier liegt die Kunst, mit der Schulz seine sich selbst gegebene Aufgabe fabelhaft erledigt. In geschickter Reduktion des Stoffes, ohne aber an Niveau und der Lösung seiner Aufgabe zu kratzen, legt er ein wunderbares Geschichtsbuch vor, dass in seiner Art wegweisend sein sollte. „Welten im Aufbruch“ ist der Blick über den Tellerrand hinaus. Weg vom zentralistischen europäischen Weltbild (als wäre sämtliche Kultur hier entstanden), biete er einen internationalen Blick. Genau so sollte der Blick auf Geschichte im Jahr 2025 sein. In einer Zeit, in der wir als Welt durch Kommunikation, das Internet, unsere Informationen und unser Wissen immer mehr zusammenleben, müssen wir weltweit Verständnis füreinander – für die Kultur, Mentalität und Geschichte – bilden. Genau dabei kann ein solches Werk helfen.
Kategorie: Geschichte

Kreuzfahrer | Dan Jones
Du findest Geschichte so ganz OK? Vielleicht auch etwas interessant? Dann wird Dan Jones dir zeigen, dass Geschichte fesselnd, aktuell, unterhaltsam, spannend, mitreißend und bildend sein kann. Während in vielen deutschen Buchläden die Geschichtsabteilungen schrumpfen, immer wiederkehrendem Kitsch und Gesellschaftsspielen weichen, wachsen diese in Großbritannien jährlich. Der Grund dafür sind Autoren wie Dan Jones, die den fabelhaften Spagat zwischen historischem Anspruch und Unterhaltung schaffen. Der Autor und BBC-Moderator, der vielleicht auch etwas ein Popstar unter den Produzenten moderner Dokumentationen in Europa ist, bringt Menschen zur Geschichte, die sich ansonsten dafür nicht interessieren würden. Das fehlt leider so in Deutschland und somit ist es fabelhaft, dass C.H.Beck seine Werke zu uns bringt.
Sein neuestes Werk „Kreuzfahrer“ ist erneut ein Beweis dafür, dass Jones es beherrscht, ein mittelalterliches Thema, das bei weitem nicht „hip“ wirkt, so zu erzählen, dass es einer Netflix-Serie als Buch gleicht. Und das alles auf einem anspruchsvollen Niveau. Das macht Spaß zu lesen – und geht (wie die Serie) viel zu schnell vorbei.

Vor dem Untergang – Hitlers Jahre in der Wolfsschanze | Felix Bohr
Die Flut an populärwissenschaftlichen Sachbüchern zum Thema NS-Diktatur reißt nicht ab. Ärgerlich, dass man doch als interessierter Geschichtsleser oft immer wieder die gleichen Themen aufgewärmt präsentiert bekommt. Aber wie schön und wie besonders ist es dann ein Buch zu lesen, in dem ein wichtiger Abschnitt der Geschichte der Nazi-Zeit durchleuchtet wird, der im Allgemeinen von vielen Autoren nicht besonders bedacht oder so nicht in den Fokus gesetzt wird. Felix Bohrs neustes Werk „Vor dem Untergang“ über Hitlers Jahre in der – von ihm so benannten „Wolfschanze“, ist solch ein besonderes Buch in unserem Lesejahr 2025. Ein Buch – einmal begonnen – das man nur schwerlich weglegen kann.
Eigentlich ist es schwer zu verstehen, dass es bisher viel Literatur zu den wenigen Monaten „des Untergangs“ im Führerbunker in Berlin oder Hitlers Leben mit seiner späteren Ehefrau Eva Braun auf dem Berghof gibt. Aber die lange Zeit in der Wolfschanze, die eigentlich den langsamen psychischen und physischen Verfall des immer mehr medikamentenabhängigen Diktators und auch den Abschnitt des Abstiegs hin zur Niederlage des 2. Weltkriegs zeigt, wurde aktuell bisher so noch nicht dargestellt. Wieso lebte der Diktator während seines initiierten Weltkriegs mitten im Wald? Fern ab seines Volkes? Wie war die Atmosphäre dort? Wer durfte mit ihm wie sprechen? Viele spannende Aspekte tun sich hier auf!

Die wahre Geschichte der Germanen | Karl Banghard
Was gibt es Neues in der Germanenforschung? Und: Gibt es da überhaupt Neues? Karl Banghard hat sich mit seinem Sachbuch „Die wahre Geschichte der Germanen“ eine große Aufgabe gestellt. Mögen wir nicht immer wissen, wie es war oder was war und auch nur oft auf Thesen aufgebaute Vorstellungen haben, so ist jedoch hier sehr klar, dass Banghard mit vielen Mythen, Märchen und Gerüchten rund um die Bewohner Mitteleuropas in der Antike, aufräumen will. Dazu zieht er – neben den bekannten Quellen um Cäsar und Tacitus – neuste archäologische Grabungsergebnisse vor, die zum Teil die schriftlichen Quellen (im Gegensatz zu vorherigen Interpretationen) bestätigen, zum Teil aber auch deutlich widerlegen. So startet er seinen (wie er es im Buch benennt) „Roadtrip“ durch Europa und fasst die aktuellen Ergebnisse zusammen. Ein interessanter „Rundumschlag“, durch ein fesselndes und nie endendes Thema.

Mystery mit Miss History
Die großen Rätsel der Weltgeschichte | Melina Hoischen Erschienen bei Knaur (Rezensionsexemplar, also Werbung) History…

Die letzte Fahrt des Zaren – Als das alte Russland unterging | Jörg Baberowski
Es dauert lange, bis alte Systeme in sich zusammenbrechen oder revolutionär gestürzt werden. Eine Frage, die sich auch heute – aktuell – in einer Welt mit großen Umbrüchen immer wieder stellt. So ist der Blick nach Russland, zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur ein Blick in die Geschichte, sondern ein Blick in die mögliche Systematik von Politologie und Soziologie. Es geht ums Verstehen, um Zeichen des Zerfalls zu erkennen. Und hier ist es nicht nur eine revolutionäre Kraft, die das Zarenreich im Februar 1917 wegfegte. Nein, man hat viel mehr das Gefühl, dass es den alten Kräften daran fehlte, sich noch einmal aufbäumen zu können oder zu wollen. Jörg Baberowski hat mit seinem Werk „Die letzte Fahrt des Zaren“ ein sehr eindrucksvolles und fleißiges Buch geschaffen, dass uns die Möglichkeit gibt – zeitweise wie minutiös – den Fall der alten Zeit wieder zu erleben. Dazu hat er es geschickt, durch den dauernden Wechseln von Ort und Personen, komponiert. Mit Fassungslosigkeit schauen wir auf die fehlende Tatkraft, ja, vielleicht auch die Arroganz der herrschenden Schicht, den Wechsel, der sich zeigt, zu erkennen. Was brachte, nach über 500 Jahren der Herrschaft, das Ende der Romanovs?

Unter Nachbarn – vom seltsamsten Verhältnis unseres Lebens | Bernd Imgrund
Wir alle kennen sie, haben oder haben keine Beziehungen zu ihnen. Wenn es Beziehung gibt, können diese in der großen Bandbreite von inniger Freundschaft bis zur abgrundtiefen Feindschaft sein: Nachbarn! Sie können die Haus- und Wohnungssuche oft mehr prägen als die Immobilie selbst. Es sei denn unser finanzieller Hintergrund ist so groß, dass wir uns sie mit dem Erwerb eines riesigen Grundstückes auf Distanz halten.
Bernd Imgrund hat mit seinem Werk „Unter Nachbarn“ ein informatives, umsichtiges und zeitweise auch mit humorvollem Seitenhieb angereichertes Buch um diese besondere Beziehung geschrieben. Eine Alltags- und Sozialgeschichte über eine der relevantesten und selten völlig frei gewählten Beziehungen im menschlichen Leben. Ein Gang durch die Zeit, aber auch durch unsere Zeit. Durch Kultur, Justiz und bunt durch so viele andere Aspekte des täglichen menschlichen Lebens. Und ich bin mir sicher, dass jeder Leser innerlich seine Stationen im Leben durchgeht und sich immer wieder dabei erwischt, beschriebene Beziehungen und Situationen zu bejahen. Wir kennen das – im Guten und im Schlechten. Und diese Beziehungen im Netz der Nachbarschaft gibt es schon seit Jahrhunderten – haben sich in bestimmenden Bereichen wenig geändert.

Der wahnsinnige Kaiser – Elagabal und der Niedergang Roms | Harry Sidebottom
Es gibt etwas, was uns auf schreckliche Art an den Cäsaren Roms fasziniert: Es geht um Macht, es geht um Verbrechen, um Sex und Intrigen. Das hat eine deutliche Strahlkraft auf uns über die Jahrhunderte hinweg. Man ist wie schockiert und muss doch hinschauen. Man ist vielleicht angewidert und verurteilt all dies, aber es hat auch diesen Moment der Bewunderung, der Grenzüberschreitungen. All dies hat wohl – wie zugespitzt – die eigentlich kurze Geschichte des berühmt, berüchtigten und bizarren Kaisers Elagabal. Er ist wohl der römische Kaiser, der aller Wahrscheinlichkeit mit einer extrem brutalen Perversität ausgestattet war und der somit als Prototyp für den sogenannten Cäsarenwahn in die Geschichte einging. Verwunderlich ist es da, dass seine eigentliche Geschichte, der Aufstieg und große Fall, so selten aufgearbeitet wurde. Vielleicht hat das Klischee über Elagabal viele Autoren davor abgeschreckt und abgehalten. Harry Sidebottom geht ihn offensiv und umfassend an. Dabei erfahren wir durch diesen kurzen Ausschnitt der römischen Herrschaftsgeschichte sehr viel über die Feinheiten der römischen Gesellschaft. Sidebottom präsentiert nicht nur eine Biografie, sondern eine gesellschaftliche Analyse, in der wir erlernen zu verstehen, wie es sein konnte, dass ein 14-jähriger, dessen angebliche kaiserliche Herkunft noch nicht einmal gesichert war, urplötzlich durch die Unterstützung einer ganzen Legion zur Macht kommen konnte. Spannend ist unter anderem dabei auch, dass ein solches Spiel des Ergatterns der Macht, vor allem durch die Intrigen der Frauen der Familie möglich war. All dies zeigt, dass in der römischen Gesellschaft Frauen bei weitem nicht nur machtlose Spielsteine auf dem politischen Spielbrett waren.

Das Karfreitagsgefecht – Deutsche Soldaten im Feuer der Taliban | Wolf Gregis
„Krieg ist Chaos“, sagte einst der Oberbefehlshaber der amerikanischen Armee Norman Schwarzkopf während des 2. Irakkriegs. Und genau in dieses Chaos gerieten am 2. April 2010 Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan. Der Tag ist im Nachhinein ein absoluter Wendepunkt der bundesdeutschen Armee. Zuvor nur in dauernder Vorbereitung einer möglichen Landesverteidigung, war man nun inmitten eines Krieges angekommen. Alles was man über Jahrzehnte durchdacht, geplant, überlegt und geübt hatte, wurde nun mit einem Schlag Wirklichkeit – keine Zeit mehr Dinge zu durchdenken. Zwei Tage später brachte es der damalige Verteidigungsminister von Guttenberg endlich auf den Punkt, was eigentlich schon längst hätte deutlich – für die Truppe und die Öffentlichkeit – artikuliert werden müssen: Die Bundeswehr war im Krieg. Eine Realität, die bis heute von vielen Teilen der Bevölkerung nicht eingestanden wird, da man sich doch als demokratisches Deutschland lange darin sonnen wollte, dass alle anderen Kriege führen oder in Kriege geraten – nur wir nicht. Es gilt gerade heutzutage sich wieder deutlich zu machen, dass auch dieser Teil zu einem souveränen Staat gehört. Dabei kann dieses Buch helfen zu verstehen, was kriegerische Handlungen in unserer Zeit bedeuten.

1864 – Bismarcks erster Krieg | Klaus-Jürgen Bremm
Den deutsch-dänischen Krieg kennt man zumeist maximal als kurze Zwischenstation und Zahl „1864“ aus dem Geschichtsunterricht im schnellen politischen Aufstiegs Bismarcks und Preußens hin zur Reichsgründung 1871. Dabei hat er bis heute Einfluss auf das Verhältnis zu unseren nördlichen Nachbarn. 1864 ist und war für Dänemark mehr als ein Kriegsjahr, es war ein Katastrophenjahr.
Klaus-Jürgen Bremm hat sich in den letzten Jahren zu dem Fachmann in Deutschland für solche Wendepunkte in der deutschen Geschichte entwickelt. Seine Werke helfen dabei diese Konflikte in ihren Entwicklungen und Auswirkungen umfassend zu verstehen und sind bei weitem sehr viel mehr als nur die Darstellungen kriegerischer Handlungen. Es geht um die Frage, wie es zu solchen kriegerischen Konflikten kommen kann. Konflikte, die man glaubte, nur militärisch lösen zu können und welche – zum Teil – bitteren Konsequenzen es für diese Staaten bedeutete. Wer verstehen will, wie Krieg entsteht, wird bei der Lektüre Bremms sehr viel darüber lernen. Ein Thema, das leider im aktuellen Europa 2025 wieder mehr verstanden werden muss. Denn es geht um die Selbstbestimmung von Landesteilen oder Ländern. Es geht um das Streben nach Freiheit und die Interessen großer Staaten, die unter dem Deckmantel der vermeintlichen Freiheit für andere, vor allem ihren Interessen nachgehen.