Die Angst vor dem Wolf ist wie eine Urangst des Menschen. Und sie pflanzt sich scheinbar, tradiert durch Märchen und Mythen, von einer Generation zur nächsten, obwohl der Wolf nur sehr, sehr selten in unserem Alltag anzutreffen ist. Aber er ist zurück! Und somit kommt scheinbar auch die Angst deutlicher zurück. Tibor Rode führt uns diese Angst vor Augen, spielt mit dieser Angst in uns. Aber in Lupus geht es bei weitem nicht „nur“ um einen Wolf – es geht nicht nur um eine animalische Killermaschine. Nein! Es geht darum, wie die totalitären Systeme Nazi-Deutschlands und der DDR-Diktatur eventuell auf vielen Ebenen immer noch Einfluss auf uns haben. Es geht aber auch um die kapitalistische Wirtschaft, die vor allem den Profit sieht und es geht um ein Familiendrama. Viel für einen Thriller, aber nicht zu viel für Tibor Rode.Vor allem diese Kombination der verschiedenen Themen, macht dieses Buch zu einem Hingucker auf dem großen Markt dem täglich neu erscheinenden Massenmarkt der Thriller, das sich deutlich hervorhebt – abhebt!
Autor: Textopfer
Der Heros in Tausend Gestalten | Joseph Campell
Solltest du vorhaben einen Fantasyroman, die eigene Saga zu schreiben, eine neue Religion zu gründen oder du einfach Spaß daran hast, die Weisheit der Menschheit etwas mehr zu ergründen und zu verstehen, dann rate ich zu dieser Lektüre! Du bist in guter Gesellschaft! Denn sowohl George Lukas, Steven Spielberg, Bob Dylan, Stanley Kubrick und viele andere Künstler, die dieses große Werk der Religionsforschung voller Psychologie und Philosophie gelesen haben, betonten den besonderen Wert für ihr Schaffen, das Verständnis für z.B. Literatur, Religion, Mythologie, Psyche, dass von diesem Buch ausgeht. Nun hat der Insel Verlag Joseph Campells bahnbrechendes Werk über den Mythos als archetypische Verbindungen der Kulturen neu übersetzt herausgebracht. Ein großes Werk, dass auch nach über einem halben Jahrhundert seines Erscheinens (1949) in seiner Sprache, gedanklichen Tiefe und seinen umfassenden Beispielen und Darstellungen besticht. Und wir alle merken, wie diese Mythen, diese Heldenfiguren, ihre Wege und ihre Schicksale uns geprägten haben. Ja, wir immer wieder nach diesen Geschichten und Abenteuern suchen und unsere eigenen Leben auch danach ausrichten. Campells „tausend Gestalten“ kennen wir alle, obwohl wir sie nicht alle bisher kennengelernt haben. Aber von Harry Potter bis zum Herrn der Ringe, von Buddha bis Jesus Christus, von Siegfried bis Arthus, sie leben mit uns, prägen uns und unseren Werdegang – sie sind interkulturell! Und diese interkulturelle und interdisziplinäre Sicht darauf macht dieses Buch 2024 besonders aktuell. Es hilft besser zu verstehen, ja, das Verbindende zwischen den Kulturen zu verstehen und gibt tiefe Einsichten über uns als Menschen!
Captain Nelson – Unter der Flaggte des Königs | Mac P. Lorne
Wer ist der Mann, der hochhoben auf dem Trafalgar Square so ramponiert (fehlender Arm, fehlendes Auge) aufrecht steht. In England ist Horatio Nelson nach wie vor ein Star, ein Symbol für die historische Wehrhaftigkeit der Inselbevölkerung gegen Zugriffe von der Welt dort draußen. Nach wie vor wird er in Umfragen als größer nationaler Held genannt. Und sein Leben erscheint wie ein großes Abenteuer. Ein Abenteuer, ein Auf und Ab (privat, wie politisch) welches in Deutschland nur wenigen Geschichtsinteressierten rudimentär bekannt ist. Mac P. Lorne, der auch schon die Leben andere Seehelden in historische Romane zum Leben erweckte, hat sich nun, in diesem 1. Band über die Vita Nelsons, dem außergewöhnlichen Leben Horatio Nelsons gewidmet. Es liest sich, wie ein Abenteuerroman, in dem man sich allabendlich ins 18. Jahrh. beamen kann. Professionell geschrieben – professionell recherchiert!
Die Kriminalistinnen – Acht Schüsse im Schnee | Mathias Berg
Bitte keine Schubladen! Einige werden versuchen „Die Kriminalistinnen – Acht Schüsse im Schnee“ als ein Buch in der Masse der Regionalkrimis abzutun, andere werden es vielleicht in der Menge der historischen Krimis ansiedeln, ABER: Um diesem Buch wirklich gerecht zu werden, sollten wir es vor allem als das Ansehen, was es ist: Einen sehr, sehr guten Krimi! Und noch mehr: Mathias Berg ist es gelungen ein differenziertes Portrait der bundesdeutschen Gesellschaft Anfang der 70er Jahre zu kreieren! Das Buch besticht durch die Kunst eine Zeitreise mit uns durchzuführen und gleichzeitig als Pageturner die Spannung durchweg beizubehalten
Altbier, Katja Ebstein, Frikadellen, Gürkchen, Doornkaat und die „Grüne Minna“! Willkommen in den 70ern – die Illusion ist perfekt. Wir machen eine Zeitreise! Ich gebe an dieser Stelle wieder einmal zu, dass ich sehr, sehr kritisch bin, wenn es um historische Romane/Krimis geht. Denn wenn nur ein Baustein hier falsch gesetzt wird – ein Anachronismus – so bricht die Illusion sofort zusammen. Aber Mathias Berg versetzt uns wirklich ins (snobistische) Düsseldorf 1970. Und ich weiß, wovon er spricht, denn ich komme vom Niederrhein, im Gegensatz zum gebürtigen Stuttgarter. Ich bin begeistert, denn wir alle haben sofort die bunte Mode, von Mini zu Maxi vor unserem inneren Auge!
Tode, die wir sterben
Tja, dann „Willkommen an der genau richtigen Stelle des Lesens!“
Schicksalsschläge kommen ungefragt und mit schrecklichen Konsequenzen in unser Leben. Doch für Kommissar Jon Nordh kommt es doppelt hart. Denn neben dem plötzlichen Verlust seiner Frau, muss er damit Leben, dass er wohl hintergangen wurde. In dieser Situation wird ihm die eigenwillige und äußerst wehrhafte Svea Karhuu als neue Kollegin zugeordnet. Da fällt es schwer den Kopf beisammenzuhalten. Natürlich muss es zwangsläufig bei einem solchen neuen Team, bestehend aus zwei so starken Persönlichkeiten auch mal zu Reibungen kommen. Das schafft Klarheit und Respekt.
Das bemerkenswerte Autorenduo Voosen und Danielsson ist schon lange auf dem Erfolgspfad. Mit „Tode, die wir sterben“, starten sie mit einem neuen schwedischen Kommissarenduo.
Die Welt der Gegenwart – ein geopolitischer Atlas | Émilie Aubry und Frank Tétart
Um es vorweg direkt klarzustellen: Dieses Buch ist mehr als ein geopolitischer Atlas!
Und: Ich liebe die Sendung „Mit offenen Karten“ auf ARTE! Jedem/Jeder, der/die sich einen Überblick über die Welt verschaffen möchte – neue Perspektiven erleben möchte – lege ich diese Sendung mit ihren ca.10-minütigen Folgen ans Herz. Sie hilft, unsere komplizierte und komplexer werdende Welt mit ihren Verworrenheiten, Verflechtungen und historisch gegebenen Entwicklungen besser zu verstehen. Und jetzt gibt es dies als und im Buchformat! Intensiver, noch übersichtlicher!
Émilie Aubry und Frank Tétart haben nun als Buchautoren dieses besondere Sachbuch kreiert. Eine Fundgrube für neugierige Informationsfreaks – für die, die etwas mehr wissen wollen, was die Welt im Inneren zusammenhält oder trennt.
Gute Karten verschaffen uns einfacher Überblick und Orientierung in unserer Welt. Sie geben uns den Blick von „oben“ aufs Thema, auf die Welt. Für viele, die die komplexen politischen Zusammenhänge und Strukturen verstehen wollen und/oder für die, die einfach noch viel mehr verstehen wollen, tun sich hier nun neue Wege auf!
Yoko | Bernhard Aichner
Wie kommt ein Autor auf die Idee, sein Buch, seine Hauptperson ausgerechnet nach der Frau zu benennen, die von 90% aller Beatles-Fans auf der Welt (inklusive mir) als Haupttäterin für die Spaltung dieser Musikgötter verantwortlich gemacht wird? Sollte es zeigen, dass man mit solch einem Namen auf dieser Welt schlechte Karten hat? Das schon vor ihrer Geburt die Welt es nicht gut mit ihr meinte? Oder ist es der versöhnliche Versuch den Namen „Yoko“ irgendwie ins Positive zu ziehen?
Bernhard Aichner ist eigenwillig, klar und direkt. Er ist ein sarkastischer Grenzgänger, liebt den (und spielt daher mit dem) morbiden Charme, den wir aus vielen seiner vorherigen Werke kennen. Eigentlich sind es immer ganz „normale“ Personen, die beim etwas genauerem Hinschauen, dann schon gar nicht mehr normal sind. Und daher lieben wir sie! Sie haben etwas von uns – wir identifizieren uns schnell mit ihnen. Und so ist erst einmal auch Yoko, die Menschen ihrer Umgebung und die Geschichte von Yoko, die wir in Rückblenden erklärt bekommen.
Der Untergang der Wager | David Grann
Wenn nicht noch etwas sensationelles passiert in diesem Jahr, dann kann ich an dieser Stelle behauten, dass ich mein Sachbuch 2024 gerade abgeschlossen habe. Schon nach der Vorstellung (und Begeisterung) von Denis Scheck, dessen Meinung ich oft so gut nachvollziehen kann – war mir klar – dass „Der Untergang der Wager“ ein mehr als passendes Buch für mich sein würde. Nun, nachdem ich das Buch in ca. 5 Tagen „durchgesuchtet“ habe, sitze ich hier und würde es am liebsten sofort noch einmal von vorne beginnen. Es gibt Geschichten, die sich kein Drehbuchautor erdenken könnte – es gib Geschichten, die nur das Leben, Zufall, Gott oder was es ist, schreiben kann (das dachte wohl auch Martin Scorsese, der das Buch als Film mit Leonardo DiCaprio im nächsten Jahr in die Kinos bringen wird). Hätte ein Drehbuchautor dies erdacht, so hätte er schwarz-weiß, vielleicht etwas grau schattierte Charaktere entworfen. In diesem Buch aber ist die gesamte Vielfalt menschlicher, zeitweise in sich widersprüchlicher, Charakter und ihrer Reaktionen, die sich in den Extremsituationen des Lebens nicht mehr verstecken lässt, so wunderbar klar. Es ging um Leben und Tod für die Besatzung der Wager! Wie würden wir reagieren? Wo wären unsere Grenzen? Welche würden wir überschreiten? Würden wir meutern gegen die Macht? Würden wir töten?
Eine dramatische Geschichte von Lüge, Verrat, Meuterei, Zufällen und menschlichen Schwächen und vor allem ein Kampf für jeden einzelnen ums Überleben.
Finster | Ivar Leon Menger
Mit dem dritten erfolgreichen Buch ist man am Autorenhimmel wohl ein etablierter Autor. Und somit bin ich mir vollkommen bewusst, dass Ivar Leon Menger nun in Deutschland zu den etablierten Autoren gehören wird. Denn mit seinem nun dritten vorgelegten Thriller „Finster“, wird er erneut großen Erfolg haben! Woher ich mir hier so sicher bin? Ivar Leon Menger hat es geschafft, dem Druck – der bestimmt auf ihm und seiner Kreativität gelastet hat – standzuhalten und eine packende, mitreißende Geschichte zu erzählen, die den Leser nicht eher Ruhen lässt, bis er die letzten Seiten erreicht hat. Respekt vor dieser Leistung, an der so manche – zuvor hochgelobte Autoren – gescheitert sind. Dieses Buch zu lesen hat Spaß gemacht! Und ich gebe zu: es war leider ein viel zu kurzes Lesevergnügen, da ich es durchgesuchtet habe. Ja, ich habe es fast an einem Tag am Stück gelesen (und hätte dies getan, wenn nicht auch meine Welt noch andere Dinge außer Menger-Thriller beinhalten würde). Fazit also: Top! Es war wunderbar zu lesen, dass Menger auch nach „Als das Böse kam“ und „Angst“, das Niveau eines besonderen Thrillers hält. Hier hat sich jemand die Zeit genommen wieder einmal eine besondere Geschichte zu kreieren. Kein Abklatsch, keine dauerhafte Masche wird hier gefahren – wie bei manchen hochgehypten deutschen Krimiautoren, die viel zu schnell „Neues“ auf den Markt bringen – sondern etwas Innovatives und Anderes präsentiert Menger hier. Das macht Spaß, hält die Spannung und man freut sich auf weitere Werke!
Habsburgs langes Sterben | Hannes Leidinger und Lenz Mosbacher
Der Niedergang des Hauses Habsburg war ein langer Prozess, die K.u.K.-Monarchie war eigentlich schon seit ihrer Gründung zum langen Sterben verurteilt. Der Vielvölkerstaat, der aus Deutschen, Ungarn, Tschechen, Polen, Kroaten und vielen Bevölkerungsgruppen mehr bestand, war in der Zeit der sich bildenden Nationalstaaten nicht zu bändigen. Hannes
Leidinger und Lenz Mosbacher interpretieren und kommentieren kritisch den langen, zähen Verfall der Donaumonarchie über das 19. Jahrhundert hinweg, bis zum endgültigen Untergang und Scheitern am Ende des 1. Weltkriegs. Ein Buch für Österreich- und Habsburgkenner, aber bei weitem nicht für die vielen Habsburgfans, da beide Autoren (und ihre im Buch genannten Mitautoren) sich deutlich kritisch mit dem Handeln, der Politik und den Auswirkungen der K.u.K-Monarchie auseinandersetzen. Hier geht es um umsichtige, abwiegende Geschichtsschreibung, ohne Romantisierung und/oder Idealisierung. Ein guter Gegenpol zu vielen Geschichtsschreibungen im Stile der „guten, alten Zeit“ in Österreich. Es geht um einen ehrlichen Blick in die Vergangenheit!