The Marriage Act – bis der Tod euch scheidet | John Marrs Textopfer, September 17, 2023September 17, 2023 Rezensionsexemplar Erscheinen im Heyne-Verlag Baldige Zukunft In seinem neusten genialen Werk hat John Marrs die dystopische „schöne neue Welt“, die uns durch die Digitalisierung und die Gefahren versagender Demokratien blühen kann, erneut fabelhaft auf den Punkt gebracht. Und ganz oft überkommt uns während des Lesens das Gefühl, dass wir sehr, sehr knapp vor dieser Welt stehen und wir schon in wenigen Monaten und Jahren in dieser Welt leben könnten. Das ist nicht das zeitliche Science-Fiktion-Katapult in eine ferne Zukunft in 200 oder 300 Jahren. Nein, das ist die mögliche, erdrückende Lebensrealität vielleicht im Jahr 2024 oder 2025. Und all dies hinterfragt unser Jetzt! Unsere naive Technikgläubigkeit, unseren eingepaukten Positivismus, in dem wir glauben, dass am Ende immer alles gut wird. Wird es aber nicht! Ein wahnsinnig beeindruckendes Buch, mit einem bitterbösen sarkastischen Unterton! Very british dadurch! KI-Helfer Roxi hat nicht mehr ganz das Alter einer angehenden Videobloggerin und ist Mutter zweier Kinder, aber sie will sich ihren Traum nicht nehmen lassen. Jeffrey ist in dieser schönen neuen Welt „Beziehungsbegleiter“. Er wird zu Paaren geschickt, die nach Ansicht des Audite (Erklärung folgt unten) in der Krise stecken. Corrine bringt heimlich einen verletzten Jungen in Krankenhaus. Arthur und June sind seit 49 Jahren verheiratet, doch June scheint krank zu sein, was in dieser schönen neuen Welt ein Problem in der Ehe darstellen kann. Und alle verbindet der plötzliche Tod von Jem Jones, Influencerin und Gesicht der Kampagne für den Marriage Act. Ein Gesetz, dass neuverheiratete Paare in einem “Upgrade”, besserstellt als unverheiratete Menschen. Sie erhalten Steuervorteile, bessere, größere Wohnungen und ähnliches. Ein Resultat aus der Überlegung, dass Menschen in Ehen gesünder leben, der Allgemeinheit dienen und somit sozialverträglicher sind. Doch was hat Anthony mit ihrem Tod zu tun? War ihr Tod anders als gedacht? Es beginnt eine Geschichte, die viele Parallelgeschichten hat, die auch immer mehr miteinander verbunden sind und sich herrlich spannend entwickelt. Erschreckend real! John Mars schleudert uns in einen bedrückenden, dystopischen Überwachungsstaat, in dem unter dem Deckmantel der Aufrechterhaltung und Förderung der Institution der Ehe, der Staat seine Einwohner kontrolliert und aktiv in deren Leben eingreift. Dazu muss man nur bereit sein eine Audite bei sich einbauen zu lassen, die das Recht besitzt, willkürlich 10 Minuten am Tag die Konversation der Eheleute aufzunehmen. Natürlich nur aus Sorge um die Ehe. Gegenleistung: Ein besseres Leben, mehr Möglichkeiten und Chancen. Eine Welt, in der unsere DNA oder besser noch eine KI im Auftrag des Staates uns hilft, den richtigen Partner fürs Leben zu finden. Denn beide wissen scheinbar mehr als unser Gefühlsleben, was uns glücklich macht. Aber Marrs belässt es nicht dabei nur darzustellen, wie der Staat schleichend in die Privatsphäre der Ehe eindringen. Nein, die Übergriffigkeit geht bis in die Erziehung und Förderung der Kinder, die frühzeitig sortiert werden sollen. Das ist nicht neu, aber in dieser versteckten Form und durch aktive Social-Media Unterstützung in unserer Welt erschreckend denkbar. Schlussendlich Ein großartiges, mitreißendes Werk. In der Fülle der vielen Dystopien, die zurzeit den Markt überfluten, beweist John Marrs wieder einmal seine besondere Topklasse! Intelligent, unerwartet, tiefgreifend, packend hält er uns in unserer Technikgläubigkeit den Spiegel vor, Darüber hinaus kreiert er individuelle Typen, die in ihrer Skurrilität schon wieder fast normal oder in ihrer Normalität wieder fast skurril sind. Dystopie Roman DystopieHeyne-VerlagRoman