Ulysses | James Joyce Textopfer, Oktober 13, 2022Oktober 13, 2022 Das Buch als Herausforderung Das Internet, die Sozialen Medien sind voller Menschen, die sich als Bücherliebhaber, Bücherfans oder Büchernerds bezeichnen. Die betonen, dass sie nicht ohne Bücher können und Bücher ihnen so viel geben, und, und, und … – ihr wisst, was ich meine. ABER: Was, wenn das Buch es dir nicht leicht macht? Was, wenn du darum ringen musst es zu verstehen? Oder: Wenn auch nach über einhundert Jahren eigentlich noch immer nicht ganz klar ist, was es uns sagen will? Der irische Autor James Joyce hat uns eine schwere Aufgabe hinterlassen. Wer Ulysses verstehen will, muss es nicht nur lesen – er muss es studieren. Sprache und Tiefgang fordern uns und sind gleichzeitig ein Riesenspaß an diesem (Wunder-)Werk. Nur ein Tag! „Gravitätisch kam der dicke Buck Mulligan vom Austritt am oberen Ende der Treppe: er trug ein Rasierbecken, auf dem kreuzweise ein Spiegel und ein Rasiermesser lagen. Im milden Morgenwind bauschte sich leicht hinter ihm ein gelber, ungegürtelter Schlafrock. Er hob das Becken in die Höhe und stimmte an: Introibo ad altare Dei.“ So beginnt der 16. Juni 1904 – ein Tag, kein besonderer historischer Tag, aber ein Tag mit einer Geschichte. Und wir bekommen die Gelegenheit ein Zeitreise in Dublin zu Beginn des 20. Jahrhundert zu unternehmen. Haargenau bekommen wir alltägliche Orte und zeitweise sehr schräge Typen vorgestellt. Aber es wird uns nicht leicht gemacht. Wir müssen uns das Buch, die Geschichte darin, erarbeiten! Und dies, in diesem Niveau auf über 800 Seiten. Wer es schafft, hat etwas gewonnen! Viele beginnen Ulysses und nur wenige beenden es! Ich rate dazu, das Buch in kleinen verdaubaren Häppchen zu lesen. Ich rate auch dazu, parallel zum Lesen über das Buch und die Hintergründe zu recherchieren. Das hilft nicht nur zum Verständnis, sondern es bringt diesen besonderen, übersprachlich bewanderten Autor näher. Ulysses zeigt, was Sprache kann, wie weit sie gehen kann – was sie leisten kann, wie fast unendlich sie wirken kann. Das Buch zeigt nach über einhundert Jahren, dass unsere Sprache noch lange nicht ausgereizt ist, wir alle noch viel zu lernen haben, wenn wir uns an der Sprachentwicklung beteiligen möchten. Und es zeigt, wie weit Lesen wirklich gehen kann. Wer Ulysses gelesen hat, den kann (fast) nichts mehr literarisch zurzeit herausfordern – der hat Verstehen trainiert. Roman 20. JahrhundertIrlandLiteratur