Mächte und Throne | Dan Jones Textopfer, September 2, 2023September 3, 2023 (Rezensionsexemplar) Erschienen bei C.H. Beck Seinen Platz gesichert Dan Jones hat sich in den letzten Jahren seinen festen Platz in der aktuellen europäischen Geschichtsschreibung gesichert. Und ich gebe zu, dass ich seit dem sensationellen Werk „Kampf der Könige“, rund um das Haus Plantagenet, auf sein nächstes Werk hin geschmachtet habe. BBC-Journalist, Historiker, bekannt aus TV-Dokus (z.B. über den Brand Londons 1666) repräsentiert er die typische moderne, mitreißende, faktensichere Geschichtsschreibung im anglo-amerikanischen Raum. Diese Art des Schreibens fasziniert sowohl Fachleute wie auch Newcomer im Bereich Geschichte. Somit ist auch sein neuestes Werk ein Buch für die, die sich schon ganz lange für Geschichte begeistern und auch die Leser, die noch den nötigen Überblick suchen. Warum noch ein Buch übers Mittelalter? Bücher über das Mittelalter gibt es zurzeit wahrlich sehr viele, denn das Mittelalter ist nach wie vor hip! Romantisiert durch die Fantasybrille wird das dunkle Mittelalter gerne verklärt dargestellt, mit naiv-dümmlich wirkenden Menschen in einer Art Märchenwelt. Aber weit, weit weg war die Realität dessen, was wir heute (eingeführt durch den Historiker John Foxe im 16. Jahrhundert) „Middle Age“, also Mittelalter nennen. Und für alle, die bei dem Thema „Mittelalter“ das Gefühl von „alt und verstaubt“ überkommt, macht Dan Jones schon auf den ersten Seiten dieses großen Werkes klar, dass die Unterthemen hier absolut aktuelle politische Brisanz haben! Denn es geht z.B. um Klimawandel, Migration, Integration, Pandemien, technischer Wandel und globale Netzwerke. Mit all diesen Themen mussten sich die Menschen dort auseinandersetzen und uns wird schnell klar, dass unser heutiges Gefühl des immer wiederkehrenden immensen Umbruchs, dem des mittelalterlichen Menschen gleicht. Wir erkennen sehr viel unserer Wirrungen und Ängste wieder. Auch wenn der mittelalterliche Mensch sich die Dinge sehr viel anders erklärte. Schwerpunkt Macht Neben den oben genannten Aspekten, setzt Jones seinen Schwerpunkt auf den Faktor Macht. Wie konnte z.B. die große Macht Roms zerfallen? Wer glitt in dieses Machtvakuum oder glaubte für kurze Zeit Macht zu haben? Jones startet seine Reise ins Mittelalter im antiken Rom, in dem der römische Frieden und die mögliche Erlangung der römischen Bürgerrechte Stabilität und Integration möglich machten. Neben dem Bürgerrecht, sollte aber leider auch die Sklaverei der Römer ins Mittelalter strahlen – als schreckliche Frontarbeit, vor allem für die Bauern. Weiteres Vermächtnis sollten das Christentum, das Recht und die Sprache sein. Latein, das im Mittelalter länderübergreifend Gelehrtensprache werden sollte. Der Zerfall kam durch die von den Hunnen eingeleitete Völkerwanderung im 4. Jahrhundert n. Chr. Der Grund ihres „Wandern“? Eine Klimakrise in Form einer langen Dürre. Es sollte nicht die einzige Klimakrise im Mittelalter sein. Jones führt uns zu den Machtzentren der Zeit: Byzanz, zu den Arabern, den Franken, zu Rittern und Mönchen. Den Wandel zu unserer Zeit sollten Entdecker und Eroberer bringen – geografisch wie geistig. Komplex Dan Jones gibt uns hier gebündelt einen komplexen Überblick über eine komplexe Zeit, die wir in unserer geistigen Trägheit oft „in einen Topf schmeißen“. Wer weiß, ob wir für manche Menschen in der Zukunft, in einer neuen Geschichtsschreibung „Mittelalter“ heißen. Wir werden froh sein, wenn so interessant und differenziert über uns berichtet wird. Hat man das Buch beendet, wartet man schon auf das nächste Werk des Autors! Schade, das wird erst einmal etwas dauern! Geschichte Sachbuch C.H. Beck VerlagGeschichteMittelalter