Hier in der Ausgabe des S. Fischer-Verlags
Wer war Daphne Du Maurier?
Du Mauriers Kurzgeschichten stammen aus einer Zeit, die noch keine harte Einteilung der Autoren nach Thrillern, Fantasy, Historischer Roman, Science-Fiction, Dystopie kannte. Autoren waren auf fabelhafte Art nicht festgelegt. Es ging nur darum gute Geschichten zu erzählen. Und so sind auch Du Mauriers Geschichten genreübergreifend. Genau das macht sie so spannend, denn wir wissen nie, wo wir hingeleitet werden. Und: Wie wird alles enden?
Daphne Du Maurier (1907 – 1989) war wohl eine der einflussreichsten Autorinnen des letzten Jahrhunderts. Jedoch scheinen viele sie nicht zu kennen. Auch wird sie nur selten genannt, wenn genau die Frage danach gestellt wird. 1952 schrieb sie, die hier vorliegende Kurzgeschichte, „Die Vögel“, die 1963 von Alfred Hitchcock verfilmt wurde und somit Filmgeschichte schrieb. Überhaupt beeinflusste Du Maurier den Großmeister des Films mit ihren Werken. „Rebecca“ und „Jamaica Inn“ (als Film „Riffpiraten“ und auch schon hier bei Textopfer behandelt) wurden ebenfalls große Erfolge des Regisseurs. „Wenn Gondeln Trauer tragen“ wurde zwar nicht von Hitchcock, jedoch mit dem unvergesslichen und großartigen Donald Sutherland 1973 erfolgreich verfilmt. Eine düstere, fast mystische Stimmung durchzieht den Film, wie auch die Kurzgeschichte. Eine Geschichte um den Tod, um Verlust, um Leben.
Bücher sind besser!
Aber – zumindest nach meiner Meinung – kommen die Verfilmungen bei weitem nicht an die Originalwerke der Autorin heran. Du Maurier spielt viel mehr mit unseren schlechtesten Gedanken, schockt uns immer wieder und lässt die Geschichten Wendungen nehmen, die man wohl kaum zuvor erahnen kann. All ihre Werke – ob lang oder kurz – wirken wohl durchdacht und konzipiert. Jede Geschichte hat diesen Grad des Besonderen. Es scheint sich in ihrem Werk fast nie etwas zu wiederholen. Und daher ist es immer wieder wichtig, an diese besondere Autorin des 20. Jahrhunderts zu erinnern. Ja, jede Geschichte ist einzigartig – in Motiv und Aufbau. Darüber hinaus wirkt Du Maurier ihrer Zeit voraus, was auch für uns Leser des 21. Jahrhunderts ihre Geschichten wie aktuell erscheinen lässt. Sie spielt mit Horrorelementen, ohne diese überzustrapazieren. Sie konzipiert Thriller, ohne dass man sie damals schon so nannte. Einziges Motiv um dass sich doch alles dreht, was man nennen könnte, ist die menschliche Psyche. Du Maurier scheint diese zeitlebens beobachtet und erforscht zu haben. Darüber hinaus – wie zuvor schon erwähnt – lassen sich ihre Werke absolut nicht auf die Nennung eines Genres beschränken.
Die hiervorliegende Sammlung
Interessant bei dieser Sammlung von Kurzgeschichten (Anmerkung: Die oft auch in der Literaturgeschichte als „Novellen“ bezeichnet werden, was aber wohl jetzt hier zu einer langen Diskussion über die möglichen Definitionen beider Begriffe führen könnte, was wir besser umgehen) sind, neben den großen Geschichten „Die Vögel“ und „Wenn Gondeln Trauer tragen“, die vielleicht für viele unbekannten anderen Werke, wie „Das Alibi“ oder „Die blauen Gläser“ oder „Die gespaltene Sekunde“ Werke, die nicht hinter den anderen anstehen sollten. Es lohnt sich immer wieder, Daphne du Mauriers Bücher zu lesen, zu finden und zu durchleben.