n all seinen Ausmaßen hat Autor Peter Heather mit seinem Werk „Christentum“ ein wirklich beeindruckendes Buch über den Aufstieg des Christentums zur Weltreligion geschrieben. Mit 800 Seiten und einem Gewicht von ca. 1,3 kg kommt hier (allein schon quantitativ) ein echtes Schwergewicht des Wissens und der Bildung auf uns zu. Allein dieser Umfang dieser enormen wissenschaftlichen Arbeit begeistert. Für alle Leser mit einer Leidenschaft zur Geschichte ist Heathers Werk eine wahre, gut organisierte, detailreiche und erlebnisreiche Fundgrube. Heather selbst erklärt und vergleicht das große Ausmaß seines Werkes mit einem Mosaik, dessen einzelnen Steine man sich natürlich mit einem Vergrößerungsglas anschauen kann. Sein Werk jedoch versucht das Gesamtbild des Mosaiks darzustellen.
Wie wurden die Begriffe Europa und Christentum deckungsgleich? Heather starten mit Kaiser Konstantin (um 300), hinterfragt seine Motive, das Christentum zur Staatsreligion zu erheben und deckt „Step by Step“ das geschickte Vorgehen des Herrschers auf. Sein Buch erstreckt sich über einen Zeitraum von fast 1500 Jahren – von der Sekte bis zum größten Machtfaktor Europas.
Kategorie: Sachbuch
Hope in Action – Die Zukunft gehört uns | Sanna Marin
atürlich schreiben viele Politiker und Politikerinnen ihre Biografie, ihr Vermächtnis…aber mit 39?
Ja, denn Sanna Marin hat sehr viel zu erzählen. Sei es als ehemalige jüngste Regierungschefin einer westlichen Demokratie, sei es als Frau in der Politik, sei es als absolute Verfechterin eines funktionierenden und echten Sozialstaats. Als sie ihr Amt in Finnland 2019 antrat, war sie 34 Jahre alt und stand – so wie sie auch in allen anderen Industrienationen gestanden hätte – unter besonderer Beobachtung? So jung? Eine Frau und Mutter? Schafft sie das? Hält sie den Druck aus? Und was darf – nach gesellschaftlicher Meinung – eigentlich eine solche Frau in der Öffentlichkeit? Tanzen?
Die charismatische und intelligente Sanna Marin steht für eine neue Art der Politik, steht für eine neue Art von Frauen in der Politik. Somit ist der Titel ihres Buches fabelhaft passend gewählt: „Hope in Action – Die Zukunft gehört uns.“ Das wäre ihr und ähnlichen Vertreterinnen in der Politik zu wünschen.
Das Buch ist bei weitem keine reine Biografie, sondern Aufforderung, Erfahrungen, aktueller Blick auf die Welt. Bewundernswürdig ist die Motivation für die Demokratie, die so viel positive Energie ausstrahlt und die sie scheinbar – selbst nach deutlichen Rückschlägen und Niederlagen – sich nicht hat nehmen lassen. Es geht um Werte – sich nicht zu verbiegen.
Es ist unser Land | Michel Abdollahi
Erschienen bei Hoffmann und Campe (Rezensionsexemplar, also Werbung) Wortstark, Haltung, Hoffnung Die Person Michel Abdollahi…
Ali Khamenei | Ali Sadrzadeh
Autor Sadrzadeh ist für uns ein Glücksfall
Ali Khamenei, der oberste religiöse Führer und somit die absolute Macht im Iran, ist wohl eine der undurchschaubarsten Persönlichkeiten dieses Landes. Sein Verhalten ist im Höchstmaß ambivalent. Hinter einer religiösen Fassade zeigt sich ein machtpolitisch gewiefter, flexibler, rhetorisch-trainierter Mann. Ali Sadrzadeh hat uns nun eine Biografie Khameneis vorgelegt, die uns diesen nicht nur als undurchsichtigen Politiker präsentiert, sondern eine Biografie, die uns die – für uns Außenstehenden – oft schwierigen Verhältnisse, Strukturen und Vorgehensweisen im Iran näher bring.
Autor Sadrzadeh (selbst mit iranischem Hintergrund) zeigt sich hier immer wieder als fabelhafter Guide für uns, der uns durch diese – doch so unbekannte – Welt, ihrer Selbstverständlichkeiten, Normen und Werte, aber auch ihre gefährlichen Fallen und Tücken für die handelnden Personen, führt. Es ist eine große Hilfe, den Iran durch einen solchen absoluten Kenner der Traditionen und der Kultur (vor allem der Sprache) kennenzulernen. Niemand sonst hätte uns wohl sonst erklären können, wie ein Mann, der ständig unterschätzt wurde, in den Wirren der revolutionären Jahre zum Ende der 70er hier an die Macht kommen, und diese nunmehr über 36 Jahre erhalten konnte.
Jesus und der Heilige Gral | Tobias Daniel Wabbel
Die Szene der Fans der Artussaga, der Ritter der Tafelrunde und des heiligen Grals ist riesig und die Literatur über Thesen und neuaufgewärmte Thesen reißt nicht ab. Und wahrscheinlich ist es doch unser aller Suche, die wir im Leben nach unserem heiligen Gral machen, die uns diese Geschichte so verständlich macht. Tobias Daniel Wabbel hat diese Suche jetzt mit seinem lesenswerten Werk „Jesus und der Heilige Gral“ ergänzt. Wieso der Verlag das Buch für 9,90 Euro fast verramscht, ist mir absolut nicht klar. Denn ich habe sehr viele Bücher über diesen Themenkomplex gelesen und dies ist eindeutig eines der informativsten. Darüber hinaus ist es sehr gut recherchiert. Ein Buch, dem ich wirklich mehr Leser wünsche – ein Buch, das sowohl für Szenenkenner als auch Neueinsteiger in diesem Themengebiet eine gute Ausgangslage bietet.
Organisch | Giulia Enders
Zwei Dinge vorab: Ich habe nicht das äußerst erfolgreiche Buch „Darm mit Charme“ von Giulia Enders gelesen UND ich muss zugeben, dass die Naturwissenschaften nicht meine Heimat sind. Ich fühle mich mehr in den Geisteswissenschaften zu Hause. Und genau aus diesem Anlass heraus brauche ich Naturwissenschaftler, die über den Tellerrand der eigenen Profession heraus ihre Phänomene erklären können. Verständlich, anschaulich und dem Laien zugewandt. Dann wird plötzlich alles spannend, interessant, ansprechend und nimmt mich mit. Und das möchte ich vorweg deutlich sagen: Die Ärztin Giulia Enders hat eine Sprache, die auch dem Laien die Chance gibt, die oft komplexen Zusammenhände der Biochemie unseres Körpers verständlich zu machen. Darüber hinaus verdeutlicht sie mit ihrem Werk, dass Medizin nicht ein Wissen ausschließlich für „Halbgötter in Weiß“ sein muss.
Welten im Aufbruch – Eine Globalgeschichte der Antike | Raimund Schulz
Schon zu Beginn seines Werkes stellt Autor Raimund Schulz, selbst sehr ehrlich und überzeugend fest, dass ein Versuch, alle Ereignisse der Antike, die weltweit stattgefunden haben, in ihrer Fülle in einem Buch darzustellen, den Rahmen absolut sprengen würde. Und genau hier liegt die Kunst, mit der Schulz seine sich selbst gegebene Aufgabe fabelhaft erledigt. In geschickter Reduktion des Stoffes, ohne aber an Niveau und der Lösung seiner Aufgabe zu kratzen, legt er ein wunderbares Geschichtsbuch vor, dass in seiner Art wegweisend sein sollte. „Welten im Aufbruch“ ist der Blick über den Tellerrand hinaus. Weg vom zentralistischen europäischen Weltbild (als wäre sämtliche Kultur hier entstanden), biete er einen internationalen Blick. Genau so sollte der Blick auf Geschichte im Jahr 2025 sein. In einer Zeit, in der wir als Welt durch Kommunikation, das Internet, unsere Informationen und unser Wissen immer mehr zusammenleben, müssen wir weltweit Verständnis füreinander – für die Kultur, Mentalität und Geschichte – bilden. Genau dabei kann ein solches Werk helfen.
Kreuzfahrer | Dan Jones
Du findest Geschichte so ganz OK? Vielleicht auch etwas interessant? Dann wird Dan Jones dir zeigen, dass Geschichte fesselnd, aktuell, unterhaltsam, spannend, mitreißend und bildend sein kann. Während in vielen deutschen Buchläden die Geschichtsabteilungen schrumpfen, immer wiederkehrendem Kitsch und Gesellschaftsspielen weichen, wachsen diese in Großbritannien jährlich. Der Grund dafür sind Autoren wie Dan Jones, die den fabelhaften Spagat zwischen historischem Anspruch und Unterhaltung schaffen. Der Autor und BBC-Moderator, der vielleicht auch etwas ein Popstar unter den Produzenten moderner Dokumentationen in Europa ist, bringt Menschen zur Geschichte, die sich ansonsten dafür nicht interessieren würden. Das fehlt leider so in Deutschland und somit ist es fabelhaft, dass C.H.Beck seine Werke zu uns bringt.
Sein neuestes Werk „Kreuzfahrer“ ist erneut ein Beweis dafür, dass Jones es beherrscht, ein mittelalterliches Thema, das bei weitem nicht „hip“ wirkt, so zu erzählen, dass es einer Netflix-Serie als Buch gleicht. Und das alles auf einem anspruchsvollen Niveau. Das macht Spaß zu lesen – und geht (wie die Serie) viel zu schnell vorbei.
Erinnern heißt Handeln | Ruth Weiss
Die Autobiographie der eindrucksvollen Journalisten und Schriftstellerin Ruth Weiss, ist bei weitem nicht die „normale“ Lebensgeschichte, die viele in der Öffentlichkeit stehenden Personen zum Ende ihres Lebens schreiben. Ruth Weiss, jüdisches Kind, aufgewachsen im Nazi-Deutschland, Journalistin im apartheitsgeprägtem Südafrika und dann im vereinigten Deutschland, setz ihr Leben in ihrer Autobiographie – fast wie interdisziplinär – in Verbindung mit ihrer Herkunft, ihrer Prägung als deutsche Jüdin, ihrem Anspruch als engagierte Journalistin und vor allem als Demokratin, die sich für die Unterdrückten und Rechtlosen einsetzte. All das ist für uns als Leser eindrucksvoll. Eindrucksvoll, wie diese, über einhundertjährige Frau, klar Stellung – auch zu aktuellen Themen – nimmt und Haltung zeigt. Ihr Lebensmotto hat sie zu ihrem Titel gemacht: „Erinnern heißt Handeln“. Und nach dieser deutlichen Aufforderung, hat sie ihr eigenes Leben gestaltet.
Lina Morgenstern – Die Geschichte einer Rebellin | Gerhard J. Rekel
Als Frau war es in den vergangenen Gesellschaften noch schwerer als heute, seine Anliegen zu artikulieren, durchzusetzen und ein Leben so zu leben, wie sie es sich selbst vorstellte. Erst recht war die Gesellschaft des Deutschen Kaiserreichs absolut durch das Patriarchat geprägt. Selbst die geringsten Versuche die Gesellschaft mitzuprägen und mitzugestalten, unterlagen juristischen Hürden. So war ihnen der Zugang zu Bildung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schwer möglich oder gar verwehrt. Auch konnten Frauen z.B. keine Vereine gründen oder in deren Vorständen beteiligt sein. Wie überaus beeindruckend ist es dann, sich mit dem Leben der Lina Morgenstern auseinanderzusetzen, deren Biografie Gerhard J. Rekel nun veröffentlicht hat. Lina Morgenstern wirkt hier in ihrer Umgebung, wie aus der Zukunft dorthin versetzt. Sie ist selbstbewusst, kreativ, voller Tatendrang für ihre sozialen Anliegen – sei es für Kinder oder die ärmsten Teile der Bevölkerung. Rückblickend hat man das Gefühl, dass Lina Morgenstern sich nie entmutigen lies und man fragt sich, woher die junge jüdische Frau die Courage, die Energie und ihren Ideenreichtum hatte. Dieser umtriebigen Person hat Rekel nun ein mitnehmendes und sehr vitales literarisches Denkmal gesetzt. Lina Morgenstern wirkt – trotz der fast 200 Jahren von uns weg – sehr modern, und für ihre Zeit überaus emanzipiert.