Die großen Rätsel der Weltgeschichte | Melina Hoischen Erschienen bei Knaur (Rezensionsexemplar, also Werbung) History…
Kategorie: Sachbuch

Allahs mächtige Influencer | Stefan Kaltenbrunner und Clemens Neuhold
Social Media – Fluch und Segen unserer Zeit. Aber wie schon in unseren dunkelsten Vergangenheiten, wissen vor allem die Negativkräfte, was es bedeutet, wenn man es schafft, durch Medien in die privatesten Räume der Menschen vorzudringen. Hier sind wir ungeschützt, wenn wir uns nicht selbst schützen. Und wie sieht es mit Kindern und Jugendlichen aus? Wer schützt diese? Es ist für uns schockierend zu hören, dass TikTok, Instagram, WhatsApp, Telegram, etc. in Direktverbindungen in die Kinderzimmer unserer Zeit stehen. Ungefiltert erreichen Fake-News und radikale religiöse Ansichten die Minderjährigen. Diese sind so – völlig allein – diesen „Informationen“, Bildern und Emotionen und Manipulationen ausgesetzt. Da ist der Weg zur Radikalisierung von z.B. islamgläubigen Jugendlichen ein sehr einfacher. Wenn man im Problemviertel aufwächst, sich nicht zur Mehrheitsgesellschaft gehörig fühlt, die Sprache des Landes nicht gut sprechen und verstehen kann, ja wenn das ganze Zuhause eher an ein Land erinnert, das Heimat sein soll, das man aber selbst nicht kennt, dann gibt dies einem sehr wenig Halt im Alltag – vor allem in der Jugend. Da können Menschen aus dem Internet, die einem einen so klar wirkenden, angeblich gut gemeinten Weg gegen all dies zeigen, schnell zu Verbündeten, zu angeblich verschworenen Freunden werden.
Stefan Kaltenbrunner und Clemens Neuhold haben ein Buch geschrieben, das uns wie ein deutlicher Weckruf in unserer Gesellschaft sein sollte. In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden täglich systematisch Jugendliche rekrutiert, fanatisiert und zu terroristischen Gewalttaten aufgerufen. Endlich ein klarerer Blick auf ein zentrales Problem in unseren Gesellschaften und es gilt diesen Blick nicht wieder abzuwenden.

German Burnout | Dr. Thomas Bergner
Die Frustrationstoleranz der Deutschen erscheint am Limit. Aggression, Intoleranz, überzogene Reaktion prägen die politischen Debatten, aber auch alltägliche, zwischenmenschliche Situationen scheinen schnell zu eskalieren. Thomas Bergners Diagnose: „Das Land ist im Burnout.“ Dieses Gedankenexperiment scheint erst einmal gewagt und wenig wissenschaftlich, aber – und dies macht sein Buch „German Burnout“ deutlich – es hat seine klare Berechtigung. Es wird verständlich, wenn man es einmal zulässt, konsequent durchdenkt und durchgeht. Und es hilft so manche öffentliche Überreaktion, Empörung und vor allem den vielfach stattfindenden Zynismus verstehen zu wollen. Das Land der German Angst, German Scham und German Schuld erscheint mental am Boden oder zumindest in der mentalen Abwärtsspirale. Woher kommt dies? Was hat dies, besonders in Deutschland, gefördert. Die Lektüre von „German Burnout“ ist, wie manche Lektüre rund um den eigenen psychischen Zustand, nicht immer angenehmen, sondern oft auch fordernd. Denn es geht ja schließlich um uns und da gilt es in Reflexion zu gehen und auch Fehler zu erkennen, geliebte und gewohnte Denkmuster zu verlassen. Das könnte dann der Beginn sein, sein eigenes Mindset zu ändern. Eine fordernde, aber auch sehr tiefgreifende, lohnende Lektüre, die neue Perspektiven auf unser gesellschaftliches Miteinander mit sich bringt.

Die letzte Fahrt des Zaren – Als das alte Russland unterging | Jörg Baberowski
Es dauert lange, bis alte Systeme in sich zusammenbrechen oder revolutionär gestürzt werden. Eine Frage, die sich auch heute – aktuell – in einer Welt mit großen Umbrüchen immer wieder stellt. So ist der Blick nach Russland, zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur ein Blick in die Geschichte, sondern ein Blick in die mögliche Systematik von Politologie und Soziologie. Es geht ums Verstehen, um Zeichen des Zerfalls zu erkennen. Und hier ist es nicht nur eine revolutionäre Kraft, die das Zarenreich im Februar 1917 wegfegte. Nein, man hat viel mehr das Gefühl, dass es den alten Kräften daran fehlte, sich noch einmal aufbäumen zu können oder zu wollen. Jörg Baberowski hat mit seinem Werk „Die letzte Fahrt des Zaren“ ein sehr eindrucksvolles und fleißiges Buch geschaffen, dass uns die Möglichkeit gibt – zeitweise wie minutiös – den Fall der alten Zeit wieder zu erleben. Dazu hat er es geschickt, durch den dauernden Wechseln von Ort und Personen, komponiert. Mit Fassungslosigkeit schauen wir auf die fehlende Tatkraft, ja, vielleicht auch die Arroganz der herrschenden Schicht, den Wechsel, der sich zeigt, zu erkennen. Was brachte, nach über 500 Jahren der Herrschaft, das Ende der Romanovs?

Unter Nachbarn – vom seltsamsten Verhältnis unseres Lebens | Bernd Imgrund
Wir alle kennen sie, haben oder haben keine Beziehungen zu ihnen. Wenn es Beziehung gibt, können diese in der großen Bandbreite von inniger Freundschaft bis zur abgrundtiefen Feindschaft sein: Nachbarn! Sie können die Haus- und Wohnungssuche oft mehr prägen als die Immobilie selbst. Es sei denn unser finanzieller Hintergrund ist so groß, dass wir uns sie mit dem Erwerb eines riesigen Grundstückes auf Distanz halten.
Bernd Imgrund hat mit seinem Werk „Unter Nachbarn“ ein informatives, umsichtiges und zeitweise auch mit humorvollem Seitenhieb angereichertes Buch um diese besondere Beziehung geschrieben. Eine Alltags- und Sozialgeschichte über eine der relevantesten und selten völlig frei gewählten Beziehungen im menschlichen Leben. Ein Gang durch die Zeit, aber auch durch unsere Zeit. Durch Kultur, Justiz und bunt durch so viele andere Aspekte des täglichen menschlichen Lebens. Und ich bin mir sicher, dass jeder Leser innerlich seine Stationen im Leben durchgeht und sich immer wieder dabei erwischt, beschriebene Beziehungen und Situationen zu bejahen. Wir kennen das – im Guten und im Schlechten. Und diese Beziehungen im Netz der Nachbarschaft gibt es schon seit Jahrhunderten – haben sich in bestimmenden Bereichen wenig geändert.

Die Kriege der Gegenwart und der Beginn einer neuen Weltordnung | Joschka Fischer
Es war ein langer Weg vom Taxifahrer, zum turnschuhtragenden Umweltminister in Hessen, Außenminister der Bundesrepublik und dann zum weisen Politsenior. Aber Joschka Fisher hat viel Erfahrung, Knowhow und – das beweist er in seinem neusten Werk – er hat globalpolitischen Weitblick. Sein Buch „Die Kriege der Gegenwart und der Beginn einer neuen Weltordnung“ muss der clevere Fischer schon weit vor dem 2. Amtsantritt Donald Trumps im Februar bedacht haben. Das Buch erschien am 13. März 2025 und Joschka Fischer hat schon einiges zuvor kommen sehen.
„Chaos als Ordnungsprinzip in der zukünftigen Staatenwelt“. Mit dieser Überschrift dachte Fischer schon vor der Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten, das neue System der Staaten dieser Welt zueinander durch. Und es erinnert viel ans orwellsche „1984“, wenn es keine stabilen, kontinuierlichen Bündnisse zwischen ihnen mehr gibt, sondern jeder ständig auf seinen Vorteil bedacht ist und dafür auch bereit ist, sekundenschnell alte Partnerschaft aufzulösen und neue einzugehen. Es gilt dann nur noch kurz die Geschichte zu ändern. Das ist der Beginn einer neuen Weltordnung. Ob dies nun ein Übergang ist oder der neue „Normalzustand“, bleibt abzuwarten.

Der wahnsinnige Kaiser – Elagabal und der Niedergang Roms | Harry Sidebottom
Es gibt etwas, was uns auf schreckliche Art an den Cäsaren Roms fasziniert: Es geht um Macht, es geht um Verbrechen, um Sex und Intrigen. Das hat eine deutliche Strahlkraft auf uns über die Jahrhunderte hinweg. Man ist wie schockiert und muss doch hinschauen. Man ist vielleicht angewidert und verurteilt all dies, aber es hat auch diesen Moment der Bewunderung, der Grenzüberschreitungen. All dies hat wohl – wie zugespitzt – die eigentlich kurze Geschichte des berühmt, berüchtigten und bizarren Kaisers Elagabal. Er ist wohl der römische Kaiser, der aller Wahrscheinlichkeit mit einer extrem brutalen Perversität ausgestattet war und der somit als Prototyp für den sogenannten Cäsarenwahn in die Geschichte einging. Verwunderlich ist es da, dass seine eigentliche Geschichte, der Aufstieg und große Fall, so selten aufgearbeitet wurde. Vielleicht hat das Klischee über Elagabal viele Autoren davor abgeschreckt und abgehalten. Harry Sidebottom geht ihn offensiv und umfassend an. Dabei erfahren wir durch diesen kurzen Ausschnitt der römischen Herrschaftsgeschichte sehr viel über die Feinheiten der römischen Gesellschaft. Sidebottom präsentiert nicht nur eine Biografie, sondern eine gesellschaftliche Analyse, in der wir erlernen zu verstehen, wie es sein konnte, dass ein 14-jähriger, dessen angebliche kaiserliche Herkunft noch nicht einmal gesichert war, urplötzlich durch die Unterstützung einer ganzen Legion zur Macht kommen konnte. Spannend ist unter anderem dabei auch, dass ein solches Spiel des Ergatterns der Macht, vor allem durch die Intrigen der Frauen der Familie möglich war. All dies zeigt, dass in der römischen Gesellschaft Frauen bei weitem nicht nur machtlose Spielsteine auf dem politischen Spielbrett waren.

Das Karfreitagsgefecht – Deutsche Soldaten im Feuer der Taliban | Wolf Gregis
„Krieg ist Chaos“, sagte einst der Oberbefehlshaber der amerikanischen Armee Norman Schwarzkopf während des 2. Irakkriegs. Und genau in dieses Chaos gerieten am 2. April 2010 Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan. Der Tag ist im Nachhinein ein absoluter Wendepunkt der bundesdeutschen Armee. Zuvor nur in dauernder Vorbereitung einer möglichen Landesverteidigung, war man nun inmitten eines Krieges angekommen. Alles was man über Jahrzehnte durchdacht, geplant, überlegt und geübt hatte, wurde nun mit einem Schlag Wirklichkeit – keine Zeit mehr Dinge zu durchdenken. Zwei Tage später brachte es der damalige Verteidigungsminister von Guttenberg endlich auf den Punkt, was eigentlich schon längst hätte deutlich – für die Truppe und die Öffentlichkeit – artikuliert werden müssen: Die Bundeswehr war im Krieg. Eine Realität, die bis heute von vielen Teilen der Bevölkerung nicht eingestanden wird, da man sich doch als demokratisches Deutschland lange darin sonnen wollte, dass alle anderen Kriege führen oder in Kriege geraten – nur wir nicht. Es gilt gerade heutzutage sich wieder deutlich zu machen, dass auch dieser Teil zu einem souveränen Staat gehört. Dabei kann dieses Buch helfen zu verstehen, was kriegerische Handlungen in unserer Zeit bedeuten.

1864 – Bismarcks erster Krieg | Klaus-Jürgen Bremm
Den deutsch-dänischen Krieg kennt man zumeist maximal als kurze Zwischenstation und Zahl „1864“ aus dem Geschichtsunterricht im schnellen politischen Aufstiegs Bismarcks und Preußens hin zur Reichsgründung 1871. Dabei hat er bis heute Einfluss auf das Verhältnis zu unseren nördlichen Nachbarn. 1864 ist und war für Dänemark mehr als ein Kriegsjahr, es war ein Katastrophenjahr.
Klaus-Jürgen Bremm hat sich in den letzten Jahren zu dem Fachmann in Deutschland für solche Wendepunkte in der deutschen Geschichte entwickelt. Seine Werke helfen dabei diese Konflikte in ihren Entwicklungen und Auswirkungen umfassend zu verstehen und sind bei weitem sehr viel mehr als nur die Darstellungen kriegerischer Handlungen. Es geht um die Frage, wie es zu solchen kriegerischen Konflikten kommen kann. Konflikte, die man glaubte, nur militärisch lösen zu können und welche – zum Teil – bitteren Konsequenzen es für diese Staaten bedeutete. Wer verstehen will, wie Krieg entsteht, wird bei der Lektüre Bremms sehr viel darüber lernen. Ein Thema, das leider im aktuellen Europa 2025 wieder mehr verstanden werden muss. Denn es geht um die Selbstbestimmung von Landesteilen oder Ländern. Es geht um das Streben nach Freiheit und die Interessen großer Staaten, die unter dem Deckmantel der vermeintlichen Freiheit für andere, vor allem ihren Interessen nachgehen.

Bedrohte Bücher – Eine Geschichte der Zerstörung und Bewahrung des Wissens | Richard Ovenden
„Einer der Zwangsarbeiter…, der Dichter Abraham Sutzkever, erhielt von der Gestapo die Erlaubnis, Papier als Brennmaterial mit ins Ghetto zu bringen, stattdessen brachte er aber seltene hebräische und jüdischen Bücher, handschriftliche Briefe von Tolstoi, Maxim Gorki… eines der Tagebücher von Theodor Herzl, … sowie Zeichnungen von Marc Chagall mit und versteckte sie umgehend…“ im Ghetto in Wilna/Vilnius.
Welch ein Einsatz für Bücher! Sein ganzes Leben für Bücher einzusetzen, da ihm dieser Wert höher erschien als sein Leben!
In seinem bemerkenswerten Buch „Bedrohte Bücher“ erzählt der britische Wissenschaftler, Richard Ovenden, einen faszinierenden Streifzug über die Versuche von Archivaren und Bibliothekaren dem Verlust von Kultur, Wissen, Gedanken, aber auch ganz alltägliches Erleben zu erhalten. Dieser Gang durch die Jahrhunderte zeigt aber vor allem auch die vielen traurigen Verluste all dessen. Es ist, als ob wir gemahnt werden unsere Errungenschaft besser zu schützen. Denn in einer Welt, in der zunehmend Demokratien durch populistische, faktenverneinende Systeme bedroht werden, ist Orwells „1984“ nicht weit und wir alle wissen, dass Papier bei „Fahrenheit 451“ brennt. Wir müssen uns wieder mehr verdeutlichen, welchen Schatz es zu verteidigen und zu erhalten gilt. Ovendens Buchs ist eine gute, wichtige Mahnung dazu und sie macht uns darüber hinaus in ihren vielen historischen Beispielen so deutlich, was wir alles schon verloren haben – sei es durch Zufall, Krieg oder ganz bewusste Auslöschung und Zerstörung.