Erschienen bei Ariston
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Es geht um Werte
Natürlich schreiben viele Politiker und Politikerinnen ihre Biografie, ihr Vermächtnis…aber mit 39?
Ja, denn Sanna Marin hat sehr viel zu erzählen. Sei es als ehemalige jüngste Regierungschefin einer westlichen Demokratie, sei es als Frau in der Politik, sei es als absolute Verfechterin eines funktionierenden und echten Sozialstaats. Als sie ihr Amt in Finnland 2019 antrat, war sie 34 Jahre alt und stand – so wie sie auch in allen anderen Industrienationen gestanden hätte – unter besonderer Beobachtung? So jung? Eine Frau und Mutter? Schafft sie das? Hält sie den Druck aus? Und was darf – nach gesellschaftlicher Meinung – eigentlich eine solche Frau in der Öffentlichkeit? Tanzen?
Die charismatische und intelligente Sanna Marin steht für eine neue Art der Politik, steht für eine neue Art von Frauen in der Politik. Somit ist der Titel ihres Buches fabelhaft passend gewählt: „Hope in Action – Die Zukunft gehört uns.“ Das wäre ihr und ähnlichen Vertreterinnen in der Politik zu wünschen.
Das Buch ist bei weitem keine reine Biografie, sondern Aufforderung, Erfahrungen, aktueller Blick auf die Welt. Bewundernswürdig ist die Motivation für die Demokratie, die so viel positive Energie ausstrahlt und die sie scheinbar – selbst nach deutlichen Rückschlägen und Niederlagen – sich nicht hat nehmen lassen. Es geht um Werte – sich nicht zu verbiegen.
Finnland
Dieses Buch ist aber auch ein Buch über den finnischen Sozialstaat und der Finnen als Volk. Trotz der großen Krise Finnlands in den 90er Jahren, mit 17% (!) Arbeitslosigkeit, haben die Menschen den Sozialstaat nicht aufgegeben (in anderen Ländern wäre wahrscheinlich schon ein Bürgerkrieg ausgebrochen oder die Extremrechten hätten die Macht übernommen). Die Prinzipien der Gleichheit, Umverteilung, der soliden Sozialleistungen, der Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe am Arbeitsleben, wurden nicht aufgegeben.
Marin selbst stammt aus absolut nicht privilegierten Verhältnissen und macht sehr deutlich, dass nur durch das Vorhandensein des Sozialstaats, der die Herkunfts- und Bildungsmöglichkeiten ausglich, sie einen solch erfolgreichen Weg gehen konnte. Interessant dabei ist in Marins Werdegang, dass sie in einer Umgebung aufgewachsen ist, die absolut frei von aktiver politischer Parteiarbeit war.
Parteipolitisch macht sie auch auf die dauernden Machtkämpfe, nicht nur zwischen, sondern vor allem in ihrer Partei aufmerksam und dass sie zu Beginn ihres Abgeordnetendaseins sehr naiv gegenüber z.B. den Cliquenbildungen in der Parlamentsfraktion war. Freundschaften gab es zeitweise eher außerhalb der eigenen Partei.
Was wir uns von Entscheidungsträgern wünschen
Es wäre wünschenswert, wenn das Buch vor allen den Weg zu viel politinteressierten Frauen finden würde. Denn diese sind oftmals die primären Ansprechpartner für Marin. Ihre Energie, Klarheit wirken zeitweise wie ein sehr guter Motivationscoach für den aktiven Politikeinstieg.
Natürlich stellt Marin ihre Entscheidung als besonders positiv dar – das ist, wie bei jeder Autobiografie, auch hier nicht anders. Anders ist jedoch ihre Authentizität, die sie an den Tag legt. Entscheidungen und Person passen, wirken nicht vollkommen strategisch machtpolitisch kalkuliert, auf persönlichen Erfolg trainiert durchdacht oder gekünstelt. Sie steht deutlichen zu ihren Werten und zieht notfalls dafür auch klare Konsequenzen. Das ist beeindruckend, zeigt Charakter, wie wir es uns in einer Demokratie wirklich von Entscheidungsträgern wünschen.