Politik In die andere Richtung jetzt | Navid Kermani Textopfer, Oktober 21, 2024Oktober 21, 2024 Navid Kermani ist klar und zugewandt zu den Menschen, die er bei seinen Reisen trifft. Er hat diese besondere Gabe, so dass Menschen – fremde Menschen – sich ihm gegenüber öffnen. An diesen besonderen Momenten lässt er uns teilhaben. Und all dies macht seine Darstellung in seinem Werk „In die andere Richtung jetzt“ für den Leser besonders intensiv. Ein Bericht, eine Reportage, ein Sachbuch, das uns auf einfühlsame Art gelungen, wenig nüchtern-sachlich entgegenkommt. Denn das will das Werk nicht! Es geht zwar um eine Sache, aber vor allem um Menschen. Das Buch ist Darstellung, Anklage und Herausforderung für uns. Im Zentrum steht Afrika – Kermanis Reise durch viele Teile Ostafrikas. Er legt mit seinem Blick den Finger in die Wunde der westlichen Ignoranz, unserer Ignoranz, gegenüber den großen. brutalen, schrecklichen Kriegen und den menschenverachtenden Verhältnissen Afrikas. Obwohl wir uns in unserer westlichen Medienwelt der globalen Nachrichten für so umfassend informiert halten, machen seine Worte klar, dass wir Afrika höchstens punktuell wahrnehmen. Die hunderttausende von Toten, die vergewaltigten, verstümmelten, gepeinigten Opfer, schaffen es nicht in den Fokus oder gar Randbereiche unseres Lebens – nicht in unsere Wohnzimmer. Und genau deshalb ist Kermanis Buch so wichtig! Es ist erschütternd, oft von einer Direktheit, die uns sehr fordert oder vielleicht auch mal überfordert. Aber genau dies ist wichtig, richtig, denn es gilt diesen Opfern eine Stimme zu geben. Ansonsten wird sich die Richtung Afrikas niemals ändern. weiterlesen
Geschichte Eine Geschichte Afrikas – Vom Ursprung der Menschheit bis zur Unabhängigkeit | Zeinab Badawi Textopfer, Juni 9, 2024Juni 9, 2024 Was wissen wir über Afrika? Haben wir Afrika, wenn wir über die Geschichte der Menschheit sprechen, überhaupt auf dem Schirm? Sklavenhandel und Kolonialismus fallen da vielleicht als Thema – aber Kultur? Entwicklung? Handel? Große Reiche? Große Einflüsse auf die Entwicklung der Menschheit der letzten Tausenden von Jahren? Ausgerechnet der Heimatkontinent der Menschheit fehlt zum größten Teil in vielen geschichtlichen Darstellungen. Die britische Journalistin und Autorin Zeinab Badawi hat uns mit diesem Buch endlich ein Werk geschenkt, welches in seiner Wichtigkeit zu Beginn des 21. Jahrh. gar nicht deutlich genug betont werden kann. Sprechen wir oft in der Bloggerszene von einem „Must-Read“, trifft dies zurzeit auf kein Sachbuch mehr zu, als auf dieses. Auf charmante Art rüttelt Badawi uns in Mitteleuropa wach, damit wir endlich anfangen, die “Kurzsichtigkeit der postimperialen Bildung” hinter uns zu lassen. Es geht darum die Vielfältigkeit endlich kennenzulernen, mehr Respekt vor den dortigen Kulturen zu leben – erleben und verstehen! Der Schwerpunkt des Buches ist mit Absicht so gewählt, dass es sich mehr um die vorkoloniale Zeit handelt, die im Allgemeinen in unseren Breitengraden fast gar nicht bekannt ist. Badawi betont, dass sie weg von der allgemeinen – auf schriftlichen Quellen betonierten – Wissenschaftlichkeit gehen, und bei der Fülle und Größe des Kontinents natürlich nicht eine vollständige Geschichte präsentieren, kann. Ihr Ansatz ist in vielem ein journalistischer Ansatz: Selbst erleben, vor Ort zu sein, schriftliche und vor allem mündliche Quellen nutzen. Es geht darum den Charakter des Kontinents näherzubringen – verständlicher zu machen. So ist ihr Geschichtswerk ein sehr persönliches Werk. Es ist sowohl die umfassende Reise in die Geschichte ihrer Vorfahren als auch oft ein Bericht ihrer Reisen an viele historische Orte und Ausgrabungen, die auch ich als geschichtsinteressierter Mensch bisher noch nicht kennengelernt hatte. Wirkliches Neuland für Geschichtsfreaks! Vielfalt verstehen! Wir beginnen bei der wahrscheinlich bekanntesten ältesten Bewohnerin Afrikas: Lucy – den sterblichen Überresten einer unserer Vorfahren. Lange strebte sich auch die moderne Geschichtsschreibung auf den anderen Kontinenten gegen die „Out of Africa“-Theorie, die nun heute als bewiesen angesehen wird. Es schien für viele Kulturen in Ost und West mehr eine Frage der Ideologie als der Wissenschaft zu sein. So startet Badawi mit den prähistorischen Wurzeln der Menschheit in Afrika. Besonderes Highlight ist ihre Reise zu den Hadzabe, eines der letzten Völker, fern ab unserer Zivilisation, die noch heute im Stile der einstigen Jäger und Sammler in Tansania leben. Viele afrikanische Reiche, Völker und vergangene Kulturen sind selbst bis heute hauptsächlich nur Fachleuten bekannt. Vielfältig, bunt, war und ist Afrika! Da gibt es viele weiße Flecken in unserem kollektiven Geschichtsverständnis, viel neu zu erforschen, wie z.B. das frühere Reich der Kusch im Nordsudan, dem Königreich Aksum oder der Amazigh (auch als Berber bezeichnet) in Nordafrika. Natürlich können so die vielen Völker und ihre Kulturen in einem solchen Werk nur kurz angerissen werden. Dies ist auch der Autorin bewusst, die klar formuliert, dass sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit stellt. Es wird so die unendliche Vielfalt der Geschichte der Menschen Afrikas deutlich. Und um diese Erkenntnis der Vielfalt und Verschiedenheit geht es. Das begeistert und bringt viel Lust, sich zukünftig mehr mit verschiedenen Kulturen des Kontinents zu beschäftigen – noch einmal thematisch auf sie zurückzukommen. Gute Grundlagen dazu gibt dieses Buch auf jeden Fall! weiterlesen