Der Jahrhundertcoup | Thomas Heise und Class Meyer-Heuer Textopfer, Januar 1, 2024Januar 1, 2024 Erschienen bei DVA (Rezensionsexemplar) Ein Buch, nicht nur über einen dreisten Einbruch – ein Buch über das Gesellschaftsphänomen „Clankriminalität“ Dresden 25.11.2019 – der Aufschlag zu einem Bundesdeutschen Krimi. Ein Verbrechen, das niemand voraussah, da niemand geglaubt hätte, dass irgendjemand eine solche freche Dreistigkeit besitzt. Eigentlich ist Dresden sicherer geworden. Die Kriminalstatistik sank von 28.000 auf 20.000 Straftaten im Jahr. Doch in dieser Nacht wird dort der größte Schatz des Landes gestohlen, im Grünen Gewölbe! Akribisch, ja fast minutiös stellen die Autoren detailverliebt den Raub dar. So schnell und exakt, wie die Einbrecher agieren, so unkoordiniert und konträr aller Vorschriften und Notfallpläne reagieren die Sicherheitsangestellten. Wer so handelt wie die Täter, muss hartgesotten sein und Insiderkenntnisse sind von Nöten. Vielleicht spielte auch das Sicherheitskonzept den Tätern entgegen, denn die Exponate wurden nicht in große, sichere Vitrinen gepackt, sondern die gesamte Räumlichkeit wurde als große Vitrine angesehen. Alles sollte möglichst offen präsentiert werden. Scheinbar zu offen! Spektakulärer Schreibstil „Der Jahrhundertcoup“ ist für mich eines der am spannendsten geschriebenen Sachbücher im Bereich True-Crime der letzten Jahre. Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer sind Profis – das merkt man. Nach Büchern zur Rocker- und allgemeinen Clankriminalität ist „der Jahrhundertcoup“ absolute Spitzenklasse. Ein Pageturner, der nicht nur spektakulär um die Ecke kommt, sondern die Polizeiarbeit begleitet. Die Komposition des Buches ist mehr als gelungen. Darüber hinaus ist es spannend und sachkundig geschrieben und absolut aktuell! Man hat fast das Gefühl bei einer Live-Übertragung dabei zu sein. Die beiden schildern den Alltag der Polizisten, ihr nötiges Know-How, die Besonnenheit und nötige Routine, mit der Polizisten – im Gegensatz zum TV-Krimi – vorgehen müssen. Das macht Spaß zu lesen, denn wir bekommen durch die wirklichen Ermittlungen viel, viel Einblick in das, was Polizeiarbeit wirklich ist und ausmacht. Ruhe, Gelassenheit, eine hohe Frustrationstoleranz, Erfahrung – ja, wirkliches Polizeihandwerk. Leider wird aber auch deutlich, wie Große Teile unserer Bevölkerung sich als besonders talentierte Hobbypolizisten und „gute“ Denunzianten verstehen, ja, mit solchem Verhalten fast die Polizei lahmlegen. Vielleicht die negative Seite von zu viel True-Crime Lektüre. Überhaupt präsentiert sich das Buch in dieser Hinsicht als besonders in diesem Genre, denn schonungslos zeigt es, wie viele Schritte die Polizei auch erfolglos zurücklegen muss, wie oft eine Spur am Ende kalt ist. Die Realität kennt halt nicht nur die immerwährende Erfolgsgeschichte. An staatlichen Grenzen der Technik Darüber hinaus wird leider auch immer wieder deutlich, wie sehr der Staat an seine technischen Grenzen stößt. Im Spiel mit dem Verbrechen sollte er diesem eigentlich voraus sein. All das kann, trotz des zeitweise ausbleibenden Erfolgs der Ermittlungen, sehr spannend sein, hofft man doch immer mit den Beamten zusammen, endlich einen Schritt weiter zu kommen. Zeitweise leidet man richtig mit ihnen. Fabelhaft und wirklich informativ, ist die umfassende Darstellung der Geschichte des bundesweit bekannten Remmo-Clans, indem die Entwicklung des Phänomens “Clankriminalität” und die Schwierigkeiten des Rechtsstaats damit sehr deutlich werden. Eine Herausforderung für die Bundesrepublik als Demokratie und Rechtsstaat. Ein Buch, das weitaus mehr als „nur“ ein True-Crime Buch ist, ein Buch, das ein deutliches Manko unseres Rechtssystems verdeutlicht. True Crime DresdenDVA-VerlagTrue Crime