Erschienen im elv
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Wie „Du und Ich“ in der Vergangenheit
Schauen wir in die Geschichte, wird unser Blick doch schnell durch die großen Schlaglichter der Weltgeschichte geblendet, die das „normale Leben“ unserer Vorfahren zwar beeinflussten, aber bei weitem nichts über ihr alltägliches Leben, ihre Leiden, ihren Kummer, ihre Sorgen, aber auch ihre Freuden erzählen. Sozial- und Alltagsgeschichte, Regionalgeschichte, die Biografien der „normalen Menschen“ wie „Du und Ich“, geben uns doch zumeist weitaus mehr Einblick in das Leben unserer Vorfahren oder auch Vorstellungskraft, wie wohl unser Leben dort gewesen wäre. Aber diese Formen sind weitaus seltener, da die Quellenlage oft mäßig ist. Da ist es gut und wichtig, dass es Autoren gibt, die regional und lokal forschen. Autoren, die an ihren Orten Lebensgeschichten suchen und Formen überlegen, wie man – trotz der geringen Quellenlage – diese Geschichten vermitteln kann.
Leona Riemann erzählt uns solche Geschichten aus dem Hunsrück. Ihre „Hunsrücker Lebensbilder“ sind Lebensgeschichten und Geschichten aus dem Leben. Alltäglichkeiten und Ereignisse, die den Alltag und das Schicksal dieser Menschen plötzlich änderten. Ihre Erzählungen fußen auf historischen Geschehnissen, die sie in ihren emphatischen Erzählungen ausführt, wieder zum Leben erweckt. So begegnen wir einigen Einwohnern dieser Gegend wieder auf sehr lebendige Art und Weise.
Aus Skizzen werden Bilder
Wir kommen hier vielen Menschen der Vergangenheit und ihren (zeitweise sehr seltsamen) Lebensbedingungen und -entscheidungen näher. Diese Reise in diese Vergangenheit ist nicht nur für die Hunsrücker oder Rheinland-Pfälzer von Interesse. Nein, denn die Situationen erzählen uns generell viel über die Normen und Werte unserer Vorfahren hier in den einstigen deutschen Landen oder überhaupt in Mitteleuropa. Auch wenn es sich also um Regionalgeschichte handelt, so darf hier wohl jeder geschichtsinteressierte Leser auf nicht ganz alltägliche Anekdoten der Vergangenheit gespannt sein.
Riemann setzt dem erzählenden Teil Ihres Buches kurze Skizzen über die historischen Fakten, die ihren Erzählungen zu Grunde liegen, voraus, um dem Leser die klare Möglichkeit zu geben, zwischen der Quellenlage und ihren literarisch-feinen Darstellungen zu unterscheiden. Das ist ein guter Kompromiss zwischen Geschichtsschreibung und ihren sehr lebendigen Bildern der Protagonisten. Es entstehen erzählte Porträts.
Wer Spaß und Interesse am Leben in den früheren deutschen Landen übers Deutsche Reich bis in die frühe Bundesrepublik hat, wird hier viel menschliches Schicksal aus dem Hunsrück finden.
Ein unterhaltsames historisches Abtauchen, natürlich voller Hunsrücker Lokalkolorit.