Der Krieg der Worte Textopfer, November 24, 2024November 24, 2024 16 Schlüsselbegriffe im Kampf um die Weltordnung | Harold James Erschienen beim Herder Verlag (Rezensionsexemplar, also Werbung) Ein Buch für Verantwortung und Frieden Es herrscht Krieg in vielen Teilen der Welt – nicht nur militärisch. Es ist ein verbaler Krieg, um Bedeutungshoheiten. Wer die Bedeutung besetzen kann, kann die Massen beeinflussen, kann Narrative und Fakes produzieren, Demokratien destabilisieren, Territorien einnehmen, da er das Denken der Menschen dort einnimmt. Wir verwenden großkalibrige Worte nicht nur als Angriff, nein, sie kommen in einer Politik, die oft keine Kompromisse mehr kennt, wie ein Flächenbombardement daher. Diesen Krieg der Worte entflechtet der großartige britische Historiker Harold James in seinem neusten Werk umsichtig, geschickt, filigran und bringt – auf sehr klare Art – Transparenz in die oft nebulösen, kompakten, ja uns fast erdrückenden Kampfbegriffe vieler Politiker, Meinungsmacher und Ideologen. Harold James hat uns damit ein sehr aktuelles Buch in die Hand gegeben. Ein Buch über die Kluft im Denken, die jeder von uns täglich erfährt und die bestimmt ihre aktuellen Höhepunkte im amerikanischen Wahlkampf oder in den Landeswahlkämpfen in unserem Land in diesem Jahr hatte, und die auch im kommenden Bundestagswahlkampf auf uns zukommen wird. Aber diese Zerrissenheit wird sich dadurch nicht lösen, sondern wahrscheinlich eher steigern. Sie wird uns mindestens in diesem Jahrzehnt, wenn nicht Jahrhundert weiter begleiten. Die Welt zwischen Weltoffenheit, Globalismus, Kosmopolitismus etc. und geschlossenen Systemen, wie Nationalsozialismus, Partikularismus, etc. Aber all diese und andere große politische Kampfbegriffe haben einen großen Wandel erfahren. Diesen gilt es zu kennen, um nicht zu schnell für irgendwas zu applaudieren. Harold James schafft es sehr gut und umfassend dies darzustellen, und zwar ausgehend von Wittgensteins „…die Grenze meiner Sprache bedeutet die Grenze meiner Welt“. James gibt uns auf beeindruckende Art Hilfe, diese Grenzen zu erweitern. Beeindruckend James Plädoyer zum genauen Hinschauen der Demokratiegefahren, tut dem kritischen, demokratischen, politisch interessierten Leser gut. Er mahnt uns die großen Begrifflichkeiten unserer Zeit, wie z.B. Kapitalismus, Sozialismus, Demokratie, Hegemonie, Populismus, Globalismus oder Neoliberalismus in ihren Bedeutungen für uns und andere genauer zu hinterfragen, bevor wir mit diesen oft überladenen Worten argumentativ herumwerfen. „Heute stehen wir einer regelrechten Flut von widersprüchlichen Theorien und missverständlichen Wörtern gegenüber.“ Dies ist sowohl für langbewanderte politische Kenner wichtig als auch für die, die erst am Anfang ihrer Suche nach politischer Heimat stehen. All dies geschieht hier immer sehr umsichtig und die Sichtweisen werden sowohl historisch klar als auch aktuell deutlich faktenbezogen umrissen. James ist nie einfach nur an alte Klischees gebunden. Das bringt neue Perspektiven und beeindruckt.Das Werk ist nicht ein Buch zur Geschichte, Wirtschafts- oder Weltpolitik mit vielen soziologischen Aspekten. Nein, es durchleuchtet auch psychologische (wie bei Narrativen und Fakes) oder kulturelle Aspekte. James ist interdisziplinär aufgestellt. Das macht das Buch so abwechslungsreich. „Ob ein abstrakter Begriff nützlich ist, hängt davon ab, ob wir mit ihm die Größe oder das Ausmaß eines Phänomens beurteilen können.“ Harold James definiert hier nicht nur große, schwergewichtige Begriffe, sondern versucht sie anhand ihrer Geschichte und stattgefundenen Entwicklung, Nutzung und aber auch bewusste Instrumentalisierung, für uns zur besseren Transparenz zu umreißen. Dabei ist es immer wieder begeisternd, wie viel Fachwissen, Anekdoten, Querverbindungen und Randbemerkungen James dem Leser bietet. Ein Buch, das man nicht nur liest, sondern das einlädt es zu studieren. Aber James zeigt sich auch streitbar und kontrovers, da er zu vielen dieser „Schlagworte“, klare Thesen vertritt. Hier werden bestimmt so manche Populisten, Globalismuskritiker oder selbsternannte Neoliberale nicht in Begeisterung ausbrechen. Aber gerade diese Kanten geben dem Buch Dynamik – geben Anlass zu Exkurs und zur Diskussion. All diese Fäden der Erklärungen des „Kriegs der Worte” haben wir nun mit der Lektüre dieses Buches in der Hand und es bleibt die Frage, welcher ist der Ariadnefaden, der uns unbeschadet aus diesem verbalen Krieg aus einer labilen Weltsituation hinausführt. Dazu bietet dieses Buch viel Handwerkszeug, was es so lesenswert macht. Es ist zu wünschen, dass unsere Entscheidungsträger und Verantwortlichen James als derzeitige Grundlektüre erkennen. Es würde im Krieg der Worte helfen strategischer und der Situation angepasst zu Handeln. Geschichte Politik GeschichteHerder VerlagPolitik