Orlando | Virginia Woolf Textopfer, Juli 21, 2024 Im Bild die Ausgabe von 2014 Anaconda Verlag/ Penguin Random House Verlagsgruppe Das 250ste! Als ich diesen Blog einmal gestartet habe, war ganz klar ein Ziel – neben vielen nie bewusst gewählten Zielen -, dass ich besondere Bücher vorstellen wollte. Heute habe ich mir für die Jubiläumszahl 250 sehr bewusst Virginia Woolfs großes, Werk „Orlando“ ausgesucht. Eigentlich sollte man überhaupt nicht versuchen, die literarische Kunst einer Virginia Woolf vorzustellen, sondern einfach das Werk empfehlen und es vollkommen für sich selbst sprechen lassen. Aber das schaffe ich dann doch nicht. Man möge mir verzeihen! Virginia Woolfs „Orlando“ ist in seiner Sprache, seinen Beschreibungen, Vergleichen und Wortwitz, ein literarisches Kunst- und Meisterwerk. Aber vor allem das Thema der Geschlechtlichkeit katapultiert das Buch quasi in unserer Zeit! Macht es modern und gleichzeitig so wunderbar zeitlos! Orlando, der einst ein Mann war, verändert sich im Laufe des Buches zur Frau. Die Gründe nennt die vermeintliche Biografie nicht, aber diese sind auch nicht wichtig. Woolf schockiert damit 1928, heute zeigt sich ihre Vordenkerrolle. Das Relativieren des Geschlechts ändert alles literarische Denken rund um die Statik von Protagonisten. Metamorphose Virginia Woolf schreibt Orlandos imaginäre Biographie in Form einer phantastischen Geschichte quer durch die Jahrhunderte. Sie beschreibt ein Leben, das eigentlich viele verschiedene Leben, Epochen, gesellschaftliche Vorstellungen in sich hat. Da ist der Schritt im Wechsel der Geschlechter fast ein natürlicher Verlauf. „Orlando“ ist aber auch ein Buch über Schaffungs- und Vergänglichkeitsprozesse. Wenn Orlando sich z.B. in der Gruft seiner Ahnen wiederfindet, über Schädel und Oberschenkel stolpert, wird er sich seiner eigenen Vergänglichkeit bewusst, über die man nun verzweifeln kann oder die einem Ansporn für neue Lebensenergie geben kann. Viele von Woolfs eigener Depressivität wird hier deutlich. So durchlebt er Formen einer Metamorphose, bei der der letzte Schritt zur Weiblichkeit dann fast wie selbstverständlich erscheint. Zwischen Candide und Gulliver Und wenn Woolf über die Krankheit des Lesens und die Linderung durch Schreiben spricht, erkennen wir doch auch hier wieder viel von ihr und finden so viel von uns. Und wir erkennen große Ironie, großen Sarkasmus und sie sind nahe von großem Leid. Vor allem wenn sie zum Fazit kommt, dass Literatur eine Farce ist. So hat man zeitweise das Gefühl zwischen Voltaires „Candide“ und Gulliver zu sein. Ein Buch zwischen Naivität und Genialität, zwischen phantastischen Elementen und tiefster Philosophie. Roman Penguin Random House VerlagsgruppeRoman