Die Zeitmaschine | H.G. Wells Textopfer, Juni 30, 2024Juni 30, 2024 (Im Bild die Ausgabe von 1951, damals erschienen bei Rowohlt) Oldies but Goldies Als ich als Kind den 1960 produzierten Film „Die Zeitmaschine“ eines Sonntagsnachmittags im Fernsehen sah, war ich begeistert und für mein Leben geprägt. Er hat meine Liebe zu intelligenten Science-Fiction Büchern begründet und den alten Menschheitstraum, seine eigene Zeit zu verlassen, ja überwinden zu können, auch in mich eingepflanzt. H.G. Wells hat in seiner 1895 erschienen Dystopie einen literarischen Meilenstein geschaffen. Und ich rate jedem das originale Buch zu lesen, das in seiner teils vielleicht oft unkonkreten, manchmal oberflächlichen, rudimentär wirkenden Erzählform, so viele Möglichkeiten hergibt, die Zukunft vielfach mit seiner eigenen Fantasie zu erweitern und zu ergänzen. Wells macht dies, um seinen Zeitreisenden scheinbar lebendiger zu machen, ja, um sich für damalige Verhältnissen mehr an wirklich gesprochener Sprache zu orientieren. Denn der Zeitreisende erzählt selbst seine fantastische Geschichte. Zeitreisen Ein Zeitreisender, dessen Namen wir nicht erfahren, erzählt bei abendlicher Runde vor seiner gebildeten, kritischen Zuhörerschaft von seiner angeblichen Fahrt in die Zukunft. Er behauptet in einer fernen Zukunft (im Jahr 802.701) in einer Art menschlichen Endzeit gewesen zu sein, in der es mittlerweile 2 Arten von Menschen gibt. Die kindlich-naiven Eloi und die unter der Erde lebenden Morlocks (in der hier dargestellten Übersetzung Morlocken genannten). Diese, animalisch-brutal agierenden Menschen, halten die Elois, in einem fast romantisch wirkenden Paradies, wie ihr Schlachtvieh. Im Gegensatz zu den bekannten Verfilmungen (neben der oben genannten Verfilmung gibt es noch eine absolut schlechte, tiefen- und sinnentleerte Verfilmung von 2002), geht die Reise des Zeitreisenden im Roman aber noch weiter und er reist bis weit hinter die zeitliche Existenz der Menschheit – 30 Millionen Jahre in die Zukunft. Ein wirklich historischer Roman Wer sich auf ein Buch von 1895 einlässt, muss sich natürlich darauf einlassen, dass auch H.G. Wells ein Kind seiner Zeit – dem viktorianischen England – war. Dies wird vielfach deutlich, z.B. bei seiner Sprachwahl, Sichtweisen und/oder damalige „Normalitäten“. Interessant – und dann wieder mit viel Weitblick und für uns aktuell, wahrscheinlich sogar zeitlos – ist seine Vermutung, wie sich die in reich und arm geteilte Welt in Extremen weiterentwickelt. Wells sagt, dass durch die Teilung in Arbeiterschichten und „Upper-Class“ (Anmerkung: Wir würden dies vielleicht eher in Wohngegenden und/oder der Aufteilung von Reichtum und Armut auf der Welt/in Kontinenten sehen) der letzte Existenzkampf der Menschheit vorbereitet wird. Alles in Allem wird so die Sprengkraft von sozialen Ungleichverteilungen von Reichtum, Möglichkeiten und Chancen im Leben deutlich. Dieser Kampf führt zur Barbarei! H.G. Wells schaffte darüber hinaus mit seinem kurzen Roman auch eine ganze – heutzutage äußerst populäre – Trendszene: Den Steampunk. „Die Zeitmaschine“ ist bis heute der Kultroman dieser Szene und damit eines Lebensgefühls. Sein Werk hat es somit geschafft, in vielem wegweisend und aktuell zu bleiben. Ein kleines Buch mit grenzüberschreitender Wirkung! Dystopie DystopieRowohlt