Yoko | Bernhard Aichner Textopfer, August 25, 2024August 25, 2024 erschienen im Rowohlt-Verlag/Wunderlich (Rezensionsexemplar, also Werbung) Warum Yoko? Wie kommt ein Autor auf die Idee, sein Buch, seine Hauptperson ausgerechnet nach der Frau zu benennen, die von 90% aller Beatles-Fans auf der Welt (inklusive mir) als Haupttäterin für die Spaltung dieser Musikgötter verantwortlich gemacht wird? Sollte es zeigen, dass man mit solch einem Namen auf dieser Welt schlechte Karten hat? Das schon vor ihrer Geburt die Welt es nicht gut mit ihr meinte? Oder ist es der versöhnliche Versuch den Namen „Yoko“ irgendwie ins Positive zu ziehen? Bernhard Aichner ist eigenwillig, klar und direkt. Er ist ein sarkastischer Grenzgänger, liebt den (und spielt daher mit dem) morbiden Charme, den wir aus vielen seiner vorherigen Werke kennen. Eigentlich sind es immer ganz „normale“ Personen, die beim etwas genauerem Hinschauen, dann schon gar nicht mehr normal sind. Und daher lieben wir sie! Sie haben etwas von uns – wir identifizieren uns schnell mit ihnen. Und so ist erst einmal auch Yoko, die Menschen ihrer Umgebung und die Geschichte von Yoko, die wir in Rückblenden erklärt bekommen. Die Skizzen des Autors Schon aber mit der ersten Zeile geht Aichner an die Grenze vieler emphatischen Menschen. Aber genau das mögen wir, lieben wir, ja – erwarten wir doch in einem Spitzenthriller! Menschen, die erst einmal sind wie „Du“ und „Ich“ im Extremen! Aichner ist ein Meister darin, ein Meister des Makabren, dieses Kontrasts. Yoko hat nur das Pech, die Hauptperson darin zu sein. Aber Yoko – so viel mag schon minimal gespoilert sein – Yoko wäre keine Yoko, wenn sie das naive Opfer sein und bleiben würde. Aichner skizziert die Menschen und Situationen oft nur. Mit kurzen Sätzen, wie wenige Striche, schafft er es, uns das Wesentliche seiner Charaktere und/oder der Handlung auf den Punkt zu bringen. Oft hat man das Gefühl, dass er schnell schreibt, gehetzt ist und Dinge einfach weglässt. Er nur wenig Zeit hat, um das gerade nötigste zu beschreiben. Es passiert zu viel, um ausführlich die Sachverhalte zu beschreiben. Und genauso gehetzt, wie der Autor, ist auch seine Hauptperson Yoko! Doch das ist hier absolut nicht negativ zu verstehen. All das lässt den Text kontinuierlich fließen. Yoko muss sehr schnell reagieren – ist zeitweise wie überfordert. Aichner-Heldinnen! Aber Yoko lässt sich von ihrer Wut und ihrem Hass leiten, die wir nachvollziehen können. Auch dem Leser verlangt es nach Rache! Das alles sind zwar sehr energischen Motoren, aber sie schalten zeitweise das geplante Handeln aus. So muss Yoko damit rechnen, dass ihre Rache auch in ihrem Umfeld verheerende Auswirkungen haben wird. Aber Yoko wird sich entwickeln – auf vielfache Weise. Genau das macht Aichner wieder einmal aus. Seine Protagonistinnen mutieren. Sie ändern sich in diesen Geschichten der Extreme selbst ins Extreme (oder vielleicht in einen Urzustand?). Und wir nehmen daran teil, freuen und leiden mit ihnen. Und wir bewundern ihre Hartnäckigkeit. Aber die Aichner-Heldinnen sind nicht Allround-Winner. Sie sind – wie eingangs erklärt – sehr menschlich! Man kann nicht sagen, dass Aichner einer Masche verfallen ist, aber es gibt klar Aichner-Heldinnen! Sie sind wild, energisch, kriegerisch, unberechenbar, kompromisslos, nicht zu bändigen, voller Wut und unerbittlich – ja, animalisch. Alles in Allem sind sie gefährlich, wenn sie losgelassen werden! So gerät alles aus den Fugen und jedes Mal, wenn man glaubt, dass die Sache nun ausgestanden wäre, kommt von irgendwo wieder ein neuer Gegner um die Ecke. Yoko versucht die Personen zu manipulieren. Aber oft fragt sich der Leser: Wer manipuliert eigentlich wen? Ein sehr guter Thriller! Krimi/Thriller AichnerRowohltThriller