Die Neandertaler und wir | Svante Pääbo Textopfer, April 21, 2024April 21, 2024 Erschienen bei DVA (Rezensionsexemplar) Nobelpreisträger Svante Pääbo, Nobelpreisträger und höchst anerkannter Naturwissenschaftler erzählt uns von seinem internationalen Forscherleben und die Fortschritte im Bereich der Genetik der letzten rund 40 Jahre dar. Das Buch besticht aber nicht nur durch seinen mitreißenden, besonderen Sachverstand. Nein! Durch den hohen autobiographischen Anteil, den er in seinen Erzählungen preisgibt, lernen wir auch die Person hinter dem Wissenschaftler kennen. Für Pääbo scheint sein wissenschaftlicher Tatendrang und Erfolg sehr eng mit seinem privaten Lebensweg verknüpft zu sein. Und dabei ist er sehr offen und direkt, was ihn besonders sympathisch macht. Das kennen wir so von anderen Wissenschaftlern bei weitem nicht. Hier gibt es keine Angst durch die Einbringungen sehr intimer und privater Details, eventuell unsachlich zu wirken. Seine persönlichen Entscheidungen haben nach seiner Sicht sehr viel mit seinem erfolgreichen beruflichen Weg zu tun und umgekehrt.Neben den vielen Errungenschaften, die uns einen ganz neuen Blick auf uns als Menschen und unserer Vererbungen bringen (z.B. die Entschlüsselung des Genoms der Neandertaler oder die Entdeckung des sogenannten Denisova-Menschen), gibt er uns einen interessanten Einblick, wie Forschung in unserer Zeit überhaupt funktioniert – wie z.B. die Arbeit im Labor funktioniert oder die Kommunikation der weltweit forschenden Wissenschaftler. Ein Buch, das (und das sage ich als Geisteswissenschaftler) absolut Lust auf Naturwissenschaften macht. Keine Angst vor Biochemie und Genetik Auch als Nicht-Naturwissenschaftler sind Pääbos Darstellungen gut zu verstehen. Er erklärt im Jargon des Basiswissens, was dem Laien hilft. Es empfiehlt sich jedoch, sich auf das Thema gut einzulassen, denn schließlich schreibt hier einer der Koryphäen der Biologie unserer Zeit. Man muss also schon deutlich Lernwillen mitbringen, wenn man sich nicht schon zuvor mit Naturwissenschaften, speziell Genetik, auseinandergesetzt hat. Dann aber bietet sich hier wirklich ein Blick in eine andere Welt – ja, ein Blick anders auf die Welt. Wir achten mehr darauf, was alle Lebewesen Miteinander verbindet: Die DNA!Schon 1996 konnte er mit seinem Team die eine Sequenz von 379 Nukleotiden aus einer Neandertaler mtDNA extrahieren, welche sie den Sequenzen von über 2000 modernen Menschen gegenüberstellten. Klar war: Die Neandertaler mtDNA war allen gleichermaßen unähnlich. Eine besondere Nähe – z B. zum Europäer – war nicht zu erkennen. Klar war damit, dass sich die Neandertaler mtDNA tiefgreifend von unserer unterscheidet. Seine Begeisterung für die Untersuchung alter menschlicher DNA kam aber schon viel früher. Seine, schon in der Kindheit beginnende, Liebe zur Ägyptologie brachte ihn als junger Wissenschaftler zur Frage, inwiefern die Pharaonen vor 5000 Jahren Vorfahren der heutigen Ägypter waren. Interessant, dass Pääbo auch die genetischen Untersuchungen von Ötzi betrieb. Über diese Forschung kam er zum Gedanken, das Erbgut der Neandertaler zu erforschen. Schön ist auch, über die tolle Zusammenarbeit Pääbos mit dem fabelhaften Johannes Krause („Die Reise der Gene“ – auch hier im Blog zu finden!) zu lesen. Um uns besser zu verstehen! Pääbo macht in seinem Werk deutlich, dass Wissenschaft sehr kleinschrittig sein kann und dass sie aus vielen Momenten des Scheiterns besteht. Er beschreibt jedoch auch deutlich seinen wunderbar positiven Blick darauf. Auf eine Wissenschaft voller Neugierde, Raffinesse, Kreativität und einem gewissen Witz. Auf jeden Fall spannend und sehr unterhaltsam. Er erklärt uns nicht nur nüchtern naturwissenschaftliches Vorgehen, sondern er vermittelt uns die Faszination der Erforschung des Menschen, die Erforschung unserer Vorfahren, um uns selbst besser zu verstehen. Naturwissenschaften DVA VerlagGenetikGeschichteNaturwissenschaftenNeandertaler