Die Erfindung des Rades – Als die Weltgeschichte ins Rollen kam | Harald Haarmann Textopfer, April 1, 2023April 2, 2023 Erschienen bei C.H. Beck Rezensionsexemplar Eine feste Größe Harald Haarmann hat uns viel zu sagen und ich gebe zu: Ich bin ein Wiederholungstäter! „Die Erfindung des Rades” ist mittlerweile mein drittes Werk, das ich von ihm lese. Schaffenskraft, Imagination, Innovation – das alles macht den Menschen aus! Wir alle wissen, dass mit der Erfindung des Rades die Menschheit auf eine neue Entwicklungsebene katapultiert wurde. Haarmann startet jedoch schon mit der Töpferscheibe, die 1000 Jahre vor der Nutzung als Transportmittel die Produktionsformen des Neolithikums revolutionierte. Und genau diese Geschichte, die Geschichte des Neolithikums musste in den letzten Jahrzehnten durch die Einsichten z.B. der Archäologie, der Paläogenetik und neusten Forschungen der Sprachwissenschaft umgeschrieben werden. Für letzteres ist Harald Haarmann der wichtige (und sehr schreibfleißige) Vertreter. Wir verstehen mittlerweile mehr, wie wichtig z.B. die Nomadenvölker der eurasischen Steppe für die Entwicklung der Menschheit waren. Das Transportwesen Dies wird auch klar, wenn man sieht, dass die Radentwicklung ein Prozess war! Das Rad wurde nicht erst – wie lange vermutet und es somit gängige Geschichtsschreibung war – in Mesopotamien erfunden. Nein, bezogen auf die Töpferscheibe müssen wir wohl davon ausgehen, dass diese Innovation an verschiedenen Orten gedacht, umgesetzt und weiterentwickelt wurde. Das Rad als Transportmittel entstand wohl dann in der eurasischen Steppe. Zuvor wurde dort auf Schlitten mit Kufen der Transport von schweren Gegenständen, über rollende Baumstämme vollzogen, was natürlich für den Fernhandel unmöglich war. Hier war die Kapazitätsgrenze das, was der Menschen tragen konnte oder auf den Rücken der ersten Lasttiere gebunden wurde. Zwischen 3800 und 3200 v.Chr. entwickelte sich dann das Transportwesen hin zum Rad und Wagen. Allerdings war es ein weiter Weg vom Scheibenrad des Anfangs zum Speichenrad. Der Streitwagen Aus Rädern, Wagen entwickelte sich dann das Kriegsgerät: Der Streitwagen! Die wohl effektivste Waffengattung der frühen Hochkulturen. Höhepunkt dieser Entwicklung war bestimmt die Schlacht bei Kadesch 1274 v.Chr. zwischen den Hethitern und Ägyptern. Diese Form der Wagen war also mittlerweile nun ein Zeichen militärischer Macht geworden.Somit brauchte Handel und Militär den leichteren Weg. Um es für beide Verwendungen schneller nutzen zu können, waren Straßen von Nöten. Auf diesen und durch diese wurde das römische Weltreicht aufgebaut. Man sieht: Eine kleine geniale Erfindung, mit riesigen Auswirkungen. Ein Buch gibt neue Perspektiven! Ich gebe zu, dass ich vor der Lektüre dieses Buches, mir noch nie so viele Gedanken zum Rad, über seine Beschaffenheit, Einsatzmöglichkeiten, Möglichkeiten des Aufbaus oder dessen Auswirkung auf viele Aspekte des Alltags gemacht hatte. Dieses Buch verdeutlich die Genialität dieser Erfindung. Einer bedeutenden Erfindung, die uns doch oft banal erscheint. Das kleine Buch (unter 200 Seiten, mit einem tollen Quellenverzeichnis und teils bebildert) eignet sich fabelhaft dazu, dass Leser, die im Bereich des Aufbruchs des Menschen in die Zivilisation neu am Start sind, einen guten Einblick bekommen, ob dieses Topthema der aktuellen Geschichtsschreibung (Neolithikum, Bronze- und Eisenzeit), bei ihnen noch mehr Neugier auslöst. Ich denke, es kann der Anfang sein, mehr über dieses Thema wissen zu wollen! Ein Thema, was lange ein blasses Bild hinter den großen Themen frühen Kulturen und Antike geführt hat. Wir erfahren hier so viel über das Menschsein! Über den Übergang zu den sesshaften, technikbeherrschenden Wesen aus der Wildnis. Geschichte Sachbuch C.H. Beck VerlagGeschichteNeolithikum