Erschienen bei Allegria/Ullstein Buchverlage
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
…bevor er Supergirl traf
Obwohl ich selbst seit meiner Jugend Rockmusiker bin und Rea Garvey und ich ähnlich alt sind, haben es nur wenige seiner Songs auf meine Playlisten geschafft. Ich gehöre also nicht zu den vielen Fans, die dieses Buch sehnsüchtig erwartet haben oder gar schon Teile der Lebensgeschichte und des Werdegangs Garveys zuvor kannten. Umso mehr war ich gespannt. Nun muss ich sagen, dass ich ein solches Buch nicht erwartet habe. Ich mag Autobiographien, ist es doch erst einmal der authentischste Weg zu einem Menschen – zu seiner Geschichte. Natürlich ist alles absolut subjektiv – genau so soll und muss es sein. Der Autor erzählt was ihm, wie und wann wichtig war, um seine Entscheidungen sich und der Welt zu erklären. Und das alles in der Retroperspektive. Rea Garvey macht dies auf unterhaltsame, ernsthafte und ehrlich wirkende Art und Weise. Gleichzeitig ist dies hier eine Zeitreise in die 80er als Welt der Jugend und die 90er, als Zeit des Aufbruchs eines jungen, wilden, energischen Erwachsenen. Und da finde ich dann doch ganz viel wieder, was ich doch so gut aus eigener Erfahrung kenne.
Ein Buch für Fans, für gleichaltrige und die, die einfach verstehen wollen: Wo kommt dieser Mann her? Was hat ihn zu seinem Erfolg gebracht, bevor er „Supergirl“ getroffen hat.
Über Fußball, Football, Schülerärger und Mädchen zur Musik
Im Gegensatz zu vielen Promibiografien hat Rea Garvey eine sehr „normale“ Geschichte, ja eine fast bodenständige. Es erscheint nicht so, als wolle er im Blick von heute alles so darstellen, als wäre er einen irgendwie vorgezeichneten Weg gegangen. Die Bodenständigkeit einer „normalen“ irischen Familie, die so herrlich menschlich, ungekünstelt und klar und direkt wirkt ist sein Ausgangspunkt. Genau dies macht die Geschichte so herrlich real und lesenswert. Hier muss scheinbar niemand die typische Rock`n`Roll-Geschichte des hässlichen Entleins zum stolzen Schwan, des Aufstiegs des Underdogs etc. erzählen. Es ist die Geschichte eines irischen Jungen aus einer irischen Familie. Rea Garvey wächst in einer lebendigen Umgebung, die deutlich vom typischen Katholizismus Irlands geprägt ist, auf. Er selbst spricht liebevoll von einem „Chaos“. Aber das darf man hier nicht missverstehen. Garvey beschreibt seine Familie liebevoll, mit klar geteilten Rollen seiner Eltern. Er betont eine Erziehung zur Härte des Lebens durch seinen Vater, der z.B. den Unterschied von Drama und Ernstfall genau kannte. Garveys Vater ist Polizist, was ihn zeitweise bei den anderen Kindern zum Outsider macht.
Über Fußball und Football, durch viel Ärger in der Schule und rund um Mädchen geht es zur Musik. Garveys Geschichte gleicht vielen pubertären Wegen. Aber er ist eben Rea Garveys.
Ogham-Zeichen
Garvey kann auch herrlich mit dem zynischen Humor Irlands beschreiben. So sind manche Sätze voller Komik und Ironie. Wunderbar auch der Satz: „Die Achtzigerjahre sind für Musikvideos das, was die Generation Z für Selfies ist.“
Interessant ist auch der direkte Zusammenhang zwischen Deutschland und Garveys Werdegang, sei es in Geschichten von wenig besuchten Konzerten seiner Urband „Reckless Pedestrians“, den ostdeutschen FKK-Erfahrungen oder den Zwischenstationen am Niederrhein (in Vorst und Oedt).
Deutlich wird, dass der Weg bis zu „Supergirl“, ein sehr langer, steiniger Weg war. All das klingt nach richtigem Leben, nicht nach Hollywoodfilm und somit ähnlich handfest, wie der Typ Rea Garvey wirkt.
Sehr passend und persönlich ist da auch der kleine Fototeil, der dem Buch zugegeben wurde. Die Personen bekommen Gesichter und Realität. Das ist eine fabelhafte, charmante Ergänzung. Wir schauen ins Familienalbum.
Und lasst euch überraschen, was Ogham-Zeichen sind.