Der Fänger im Roggen | J.D Salinger Textopfer, April 28, 2024April 28, 2024 Erschienen im Rowohlt Taschenbuch Verlag Oldies but…umstrittene Bücher sterben nie Viel ist geschrieben worden über den Fänger im Roggen und wer ist eigentlich dieser Holden Caulfield. Dieser Ich-Erzähler, Teenager, der uns ganz unverblümt sagt, dass er nun mal immer lügt. Und dies zieht er in einer großmäuligen Art durch den gesamten Roman. Und dazu passiert auch nicht viel und es vergeht nicht viel Zeit – nur ein Wochenende. Aber dieser verlogene, großmäulige Teenager hat seinen eigenwilligen (oft arroganten) Blick, entwickelt seine Ansicht, wird unterschätz, schlägt quer und äußert dann plötzlich eine zutiefst dunkle Philosophie. J.D. Salingers Werk ist eine große Fundgrube – auch nach über 70 Jahren. Und dies nicht nur für die Menschen, die sich als gebildet und intellektuell ansehen und somit Klassiker lesen. Nein, auch nach wie vor für junge Menschen, die am Start des Lebens sind. Ein dynamischer Klassiker, der das Kontroverse nicht verloren hat. Auch, wenn die Zeit fern ist – seine Haltung ist generationsübergreifen und wahrscheinlich auch für GenZ eine Fundgrube: „Manchmal benehme ich mich um einiges älter, als ich bin – wirklich -, aber das merkt dann bloß keiner. Die Leute merken nie was.“ Holden ist halt zeitlos als junger Mensch sehr klar und unterhaltsam: „Aber man weiß nie – bei der Mutter von jemand, meine ich. Mütter sind alle leicht gestört.“ Unterwegs zum Erwachsen werden Das Buch hat eine große Erfolgsgeschichte hinter sich, aber es ist auch Teil von Abgründen der Weltgeschichte. So hatte sich Marc David Chapman, der Mörder von John Lennon, am Tag des Attentats noch einmal eine neue Ausgabe vom Fänger im Roggen gekauft und beim Attentat dabei. Oder auch Charles Manson erwähnte das Werk. Aber dies darf man dem Werk nicht zur Last legen, denn nirgends fordert Holden zu Gewalt auf. Es geht ums Erwachsen werden. Holden ist ambivalent, emotional, spontan und somit unberechenbar, wie vor allem Jugendliche nun einmal sind. Er ist nicht logisch, will nicht logisch sein und hasst die Verlogenheit der etablierten Gesellschaft. Hier würde es Sinn machen, nach so langer Zeit, eine neue, zeitgemäßere Übersetzung dem Buch zukommen zu lassen. Denn seltsam für uns ist wohl heute die Übersetzung des Wortes „phony“ als piefig, über das man dauernd beim Lesen stolpert. Ein Wort, was absolut altmodisch klingt – niemand wohl mehr im Alltag nutzt. Verlogen, falsch, affektiert, spießig würde es wohl eher treffen. Denn auch, wenn es hier um die Welt der 40er und 50er Jahre des letzten Jahrhunderts geht, Falschheit, Verlogenheit im Deckmantel der Angepasstheit an das, was man als hip oder als etabliert ansieht, gibt es heute wie früher. Und so stellt Holden fest: „Der unreife Mensch kennzeichnet sich dadurch aus, dass er edel für eine Sache sterben will, der reife dadurch, dass er bescheiden für eine leben will.“ Roman RomanRowohlt Taschenbuch Verlag