Erschienen bei Kiepenheuer und Witsch
(Rezensionsexemplar, daher Werbung)
Ab in die Jugend der Millennials!
Ein Fußballer schreibt einen Roman? Ja, und er scheint auch viel gelesen zu haben. Ein Buch, eine Zeitreise ins – für die Deutschen – denkwürdige Jahr 2006. Und es geht bei weitem nicht primär um Fußball. 2006 – wer da in der Jugend war, ist ein Millennial (zwischen 1980 bis 1995 geboren). Und dieses Lebensgefühl bringt Christoph Kramer in seinem Roman, gespickt mit vielen autobiographischen Zügen, herrlich auf den Punkt: Mit ForYou-Tasche, Tattooketten an den Hälsen der Mädchen, SchülerVZ, Sony Erikson Handys, ICQ. Darüber hinaus haben viele Kids eine kleine Karriere im Pokémon oder Yu-Gi-Ho-Karten sammeln hinter sich. Alle guten Dinge, die geschehen, sind entweder krass oder stabil. Zur Kommunikation schreibt man noch SMS. Und die Musik? Tja, die kann z.B. von Timberland oder Natascha Bedingtfield sein. Eine wunderbare Zeitreise in die Jugend der Millennials. Überhaupt viele, viele Bilder für alle, die damals schon lebten; die in der Zeit des Sommermärchens dabei waren.
Aber auch für junge Leser und Leserinnen, die das Gefühl jugendlicher Liebe verstehen, erleben und ergründen wollen. Wie schon das Cover andeutet, ist eine ganze Portion New Romance im Buch und Kramers Welt ist sehr cozy. Er wächst in einer Umgebung auf, die harmonisch, alterstypisch, etwas dörflich ist (obwohl es sich mit Solingen schon um eine „richtige“ Stadt handelt) und auch den Hauch von der nostalgischen „guten, alten Zeit“ hat. Obwohl alles gerade einmal 20 Jahre her ist.
Mit 15 …
Christoph Kramer beschreibt gut, erzählt gut und erklärt z.B. seinen Zwiespalt in der Jugend zwischen dem Wunsch Profifußballer zu werden und trotzdem bei den coolen Kids cool anzukommen. Er zeigt das Gefühl, das wir alle aus unserer Schulzeit kennen – die Freiheit der Sommerferien, das Spiel und die Spannung zwischen Jungs und Mädchen, das neue berauschende Gefühl des Alkohols (beim Sportler Kramer eigentlich nicht gemocht und gewünscht, aber man will ja den Coolnessfaktor nach oben schrauben) und die erste Liebe, die ersten Annäherungen, die auch wie ein großer Rausch sind. Es geht um diese Gefühle, die uns lebenslang im Gedächtnis blieben und bleiben. All das ist immer mit dem magischen Gefühl des Besonderen verbunden. Die erste große Teenieliebe ist voller Entdeckungen, Neugierde und Spannung.
Nur kurz switcht er in sein großes Lebensthema, dem Profifußball, wenn er z.B. deutlich macht, dass er schon als 15-jähriger – nach dem Rausschmiss bei Bayer Leverkusen – mehr um seine Zukunft bangt, als wahrscheinlich seine Altersgenossen. Oder wenn er anmerkt, dass das frühe Konkurrenzsystem der Bestenauswahl bei Kindern im Fußball, schon in diesen jungen Jahren, aus 11 Freunden, 11 Feinde machen kann.
Die Leichtigkeit des Sommers
Es mag sein, dass wir verblüfft sind, wenn ein Fußballer zum Autor wird. Ich gebe offen zu: Ich war es! Aber wir sollten mit Beginn dieser Lektüre alle Vorurteile über mögliche fehlende Intellektualität bei Fußballern ablegen. Wie die meisten Vorurteile, können auch diese in der Realität von heute nicht mehr bestehen. Kramer hat ein schönes Buch geschrieben. Ein Buch, das ehrlich wirkt. Es hat zumeist etwas von der Leichtigkeit des Sommers und ist bestimmt gerade in dieser Hinsicht, auch eine sehr gute Sommerlektüre für Ferien, Sonne, Strand im Jahre 2025. Gespannt bin ich, ob und was wir noch von ihm lesen werden.