Erschienen im Suhrkamp Verlag
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Ein individueller Erzählstil
So oft wird behauptet, dass ein Autor einen absolut individuellen Stil hätte. Zu oft! Aber bei Zoran Drvenkar ist es absolut so. Wer dies noch nicht erlebt hat, sollte es dringend nachholen. Seine Sprache (oder sollte man sagen Ansprache) macht ihn unverwechselbar, aber für einige vielleicht auch schwer zu lesen. Lange ist es her, dass ich seine fabelhaften Romane „Sorry“ und „Du“ gelesen habe, aber schnell ist man wieder in dieser besonderen Atmosphäre eines Drvenkar-Romans/Thrillers. Und er ist in diesem Stil weitergegangen. Umfassender, konkreter, filigraner, kunstvoller wirken nun seine Beschreibungen und Darstellungen. Und wir? Wir dürfen die Hauptperson sein, denn er sagt uns in diesem für ihn typischen Stil, „du“ fühlst dies oder „du“ machst jenes. Das Erleben in seinem Roman „Asa“ ist nicht Asas Geschichte. Nein, ihre Geschichte wird zu unserer Geschichte. Allein schon in dieser Ansprache, können wir dem Erlebnis nicht entgehen. Ein immer wieder geschickter Schachzug Drvenkars. All das ist hohe Erzählkunst.
Durch einen Fiebertraum
Wem das jetzt fast esoterisch oder abgehoben vorkommt, dem mag gesagt sein, es ist sehr fassbar und nachvollziehbar. Der Zugang zu dieser Erzählform mag zuerst ungewohnt sein, aber schon nach kurzer Zeit haben wir das Gefühl, dass „Asa“ genau so erzählt werden muss. Die besondere Anwendung der Sprache passt zu dieser besonderen jungen Frau und zu dieser Geschichte. Das meint: Drvenkar erzählt eigenwillig und seine Geschichte ist ebenfalls eigenwillig. Wir lesen nicht nur einen Thriller, sondern ganze Teile gleichen einem Roman, einer Familiensaga. Wie sollten wir Asas seltsame Psyche verstehen, wenn wir nicht die Umstände ihrer Jugend verstanden haben. Düster, voller Gewalt und mit schwarzer Pädagogik versehen, ist Asa Prägung durch ihre Familie. All das gibt dem Werk sehr mystische Momente. Ein schwarzer dunkler Schatten liegt über der Geschichte. Die Neugierde treibt uns voran. Wir wollen verstehen. Wir wollen die Zusammenhänge besser erkennen können. Und doch werden wir durch eine Art Fiebertraum geleitet. Das ist etwas Besonderes und genau das mach Zoran Drvenkar aus.
Komplex und vielschichtig
Wir erfahren die Geschichte Asas als 15-jähriges Mädchen und ihr Leben später als erwachsene Frau mit 44, die getrieben ist von der Rache. Rache an jenen Menschen ihrer Familie, die ein Familiengeheimnis weitergeben. Es geht um Jagd, bei der man nicht zur Beute werden darf. Es geht um ein Spiel, es geht um Leben und Tod. Mitleid ist Schwäche und diese muss man ablegen. Die Motive, Hintergründe liegen tief in der Familiengeschichte der Kolberts und haben sich über Generationen aufgebaut. Erst das Lüften dieser Traditionen hilft die komplexe Handlung, die vielschichtigen Beweggründe der Familienmitglieder hier zu verstehen. Und vor allem, um Asas Wut zu verstehen.
Zoran Drvenkar nimmt seine Leser ernst und traut ihnen vielschichtig etwas zu. Das zeichnet ihn unter den vielen Thrillerautoren als besonders aus.