erschienen im Rowohlt Taschenbuch Verlag
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Lichtblick
Welch ein Lichtblick zwischen den zeitweise vielleicht etwas zu vielen neuen britischen Krimis auf dem deutschen Buchmarkt oder vielmehr den Krimis, die vor allem im englischen Cosy-Crime Stil versuchen daherzukommen. Ich liebe die Kultur Großbritanniens, die Literatur, den ironisch-sarkastischen Sprachwitz. Aber nein, ich bin bei weitem nicht der Cosy-Crime-Fan und es bedarf schon weitaus mehr als eine „tüdelige“ Hauptperson und überzogene Klischeecharaktere, um mich von einem „Krimi“ mit englischem Witz, Charme und Leichtigkeit zu überzeugen. „Die Einladung“ kann man als leicht Cosy angehaucht sehen, sie ist aber glücklicherweise viel mehr im Stil der Altmeisterinnen wie Agatha Christie oder Ruth Rendell. Und das ist wunderbar guttuend, unterhaltsam und spannend.
Kelly Mullens Ermittlerduo, Großmutter Mimi und Enkelin Addie sind bei allem, was vielleicht klischeeartig wirkt, sehr realitätsnah, mehrschichtig und sympathisch. Daher fiebern wir mit ihnen. Das ist mehr als das überstrapazierte, trendige und überproduzierte Cosy-Crime-Gewäsch, das uns vor allem rund um Urlaubsorte mit unübersehbarer Präsens überfällt. Es gibt also eine kreative, intelligente Zukunft für den klassischen englischen Krimi, ohne ins übertriebene Cosy-Klischee zu verfallen. Danke, Kelly Mullen!
Krimi-Crossover
Mit leichtem Schmunzeln spiel Kelly Mullen in „Die Einladung“ immer wieder auf die vielen kultigen Fernsehproduktionen (BBC und ITV lassen grüßen) und britischen Krimifilme der letzten Jahrzehnte an. Sei es David Suchet als Poirot oder aus dem amerikanischen Bereich Jessica Fletcher (eigentlich Angela Lansbury) in „Mord ist ihr Hobby“ (original Murder, she wrote). Mullen stellt sich damit in eine Tradition uns bekannter literarischer Kriminalisten. Und das ist kein Übermut – das ist Traditionsbewusstsein. Sie geht noch weiter und spielt mit der Welt der Gamer, der Adventure-Games. So lässt sie ihren Kriminalroman zeitweise auch fast zu einem Game, in entsprechender Atmosphäre und entsprechenden Räume mutieren. Das ist anders und doch bleibt es der Tradition guter Krimis deutlich verbunden. Hier wird das Werk zu einem Krimi-Crossover!
Wer war es?
Die Idee Großmutter und Enkelin zum Team zu machen, passt in unsere Zeit. Selbstbewusste Frauen, genrationsübergreifend, die mutig (aber nicht übermutig und somit nicht übertrieben) den Ehrgeiz haben, die Lösung selbst zu finden. Und genau hier liegt der Charme: Diese Art von Krimi benötigt kein blutrünstiges, sich selbst immer wieder übertreibendes und übersteigerndes Pseudopsychogemetzel. Nein, die Spannung ist da, aber subtiler, und permanent treibt sie uns weiter durchs Buch mit den einfachen Fragen: Wer war es? Wie lief es ab? Das ist meisterlich!
Kelly Mullen findet den guten Weg zwischen einem wirklichen Krimi in der Tradition der großen britischen Altmeister und unserer Jetzt-Zeit. Wir können uns auf mehr Kelly Mullen freuen.