erschienen bei Klett-Cotta
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Das Gesamtbild des Mosaiks
In all seinen Ausmaßen hat Autor Peter Heather mit seinem Werk „Christentum“ ein wirklich beeindruckendes Buch über den Aufstieg des Christentums zur Weltreligion geschrieben. Mit 800 Seiten und einem Gewicht von ca. 1,3 kg kommt hier (allein schon quantitativ) ein echtes Schwergewicht des Wissens und der Bildung auf uns zu. Allein dieser Umfang dieser enormen wissenschaftlichen Arbeit begeistert. Für alle Leser mit einer Leidenschaft zur Geschichte ist Heathers Werk eine wahre, gut organisierte, detailreiche und erlebnisreiche Fundgrube. Heather selbst erklärt und vergleicht das große Ausmaß seines Werkes mit einem Mosaik, dessen einzelnen Steine man sich natürlich mit einem Vergrößerungsglas anschauen kann. Sein Werk jedoch versucht das Gesamtbild des Mosaiks darzustellen.
Wie wurden die Begriffe Europa und Christentum deckungsgleich? Heather starten mit Kaiser Konstantin (um 300), hinterfragt seine Motive, das Christentum zur Staatsreligion zu erheben und deckt „Step by Step“ das geschickte Vorgehen des Herrschers auf. Sein Buch erstreckt sich über einen Zeitraum von fast 1500 Jahren – von der Sekte bis zum größten Machtfaktor Europas.
Von einer kleinen disziplinierten Sekte bis zur Massenbewegung
Dieser Weg, von einer kleinen disziplinierten Sekte bis zur Massenbewegung bedeutete, dass diese Religion auch massentauglich werden musste. So durften die Erwartungen einer möglichen Askese für die Gläubigen im Laufe der Zeit nicht zu hoch sein. Die Form des Glaubens musste alltagstauglich werden. Gleichzeitig musste es jedoch erlaubte Wege geben, asketische Wege einzuschlagen, die von der Kirche und den anderen Gläubigen akzeptiert wurden. Somit ist der gezeigte Weg durchs Buch, auch ein Weg durch die Philosophie des Christentums.
Um der aufstrebenden Religion und Macht eine Façon zu geben, benötigte man daher zahlreiche Konzile, Diskussion und oft auch deutliche Entscheidungen von geistlichen und weltlichen Herrschern. Es war der dauerhafte Versuch der Vereinheitlichung, aus dem lange nicht erkennbar war, welche Form des Christentums sich durchsetzen würde – vor allem nach dem stückweisen Zerfall des römischen Reichs. Die angestrebte Einheitlichkeit sollte stärken – nach innen und nach außen. Dies hieß auch ganze Teile der Bewegung im Notfall zu Ketzern und Häretikern zu erklären, sie entweder auszuschließen oder einfach töten zu lassen. Je nach den Machtverhältnissen und den sich daraus ergebenen Möglichkeiten der Zeit.
Heather spricht davon, dass nun die Bewertung dieser Geschichte des Aufstiegs des Christentums, im aktuellen Licht des Abstiegs der Weltkirche in Europa, ihres Machtverlusts – sei es politisch als auch auf die Leben und Lebensentscheidungen der einzelnen Gläubigen – sehr gut zu verstehen ist. Und als Leser muss man ihm sehr deutlich recht geben.
Intelligent, lesenswert und wunderbar zum (vor-)weihnachtlichen „Abtauchen“
Peter Heather schreibt spannend und umsichtig. Gerade in der Zeit vor Weihnachten – die so deutlich den Einfluss des Christentums bis heute in unser aller Leben zeigt – hat es großen Spaß gemacht, sich wieder einmal intensiv mit dem Phänomen des Christentums auseinanderzusetzen – um zu verstehen, welche Faszination, aber auch ganz klar, welche weltlichen Machtfaktoren, zu seinem Aufstieg führten.
„Christentum“ ist ein Buch für Menschen, die mehr und besser diesen Weg nachvollziehen wollen, aber es ist auch voller Information für jene Leser, die sich schon lange damit auseinandersetzen. Denn Heather beleuchtet und verknüpft geschickt die Fakten. Intelligent, lesenswert und wunderbar zum (vor-)weihnachtlichen „Abtauchen“.