Erschienen bei Hoffmann und Campe
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Wortstark, Haltung, Hoffnung
Die Person Michel Abdollahi ist schon eine Persönlichkeit mit sehr individuellen biographischen Zügen. Aus dem Iran stammend, später eine Zeitlang Mitglied der CDU und auch tätig in der Hamburger Staatskanzlei. Mir fiel der Journalist erstmals mit seinem gewagten und eindrucksvollen Experiment (welches als Dokumentation im TV zu sehen war) „Im Nazidorf“ 2015 auf, als er für vier Wochen nach Jamel in Mecklenburg-Vorpommern lebte. Und ich gebe zu, dass mich seine Zivilcourage sehr beeindruckt hat.
Genau diese Haltung – mutig, engagiert, genau beobachtend, um unser Land nicht dem rechten Rand zu überlassen – genau diesen Esprit versprüht sein rund 200 Seiten starkes Plädoyer „Es ist unser Land“. Aber es geht Abdollahi nicht nur um den rechten Rand der Gesellschaft, nein, er stellt fest, dass in den letzten Jahrzehnten ganze Teile von dem, was sich politische Mitte nennt, langsam nach rechts bewegt hat. Intensive Kritik übt er dabei u.a. an Äußerungen des Bundeskanzlers Friedrich Merz.
Dieses Buch ist in vielfacher Hinsicht kein typisches Sachbuch, sondern – wie eingangs beschrieben – mehr ein Plädoyer, ein großer Appel an uns. Es will uns wachrütteln. Denn Abdollahi sieht Hoffnung und betont dies auch: „Darum ist es wichtig, dass wir Hoffnung sähen. In Worten. In Taten. In Geschichten. Nicht als naive Beschwichtigung, sondern als mutige Entscheidungen gegen die Gleichgültigkeit.“ Und dass es ihm nicht gleichgültig ist, macht er hier wortstark deutlich. Ein schnelles, dynamisches Buch!
Was hat man getan?
Schon zu beginn, macht Abdollahi klar, dass es um klare Haltung zur Demokratie geht. Er startet mit einem fabelhaften Plädoyer auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Ein Plädoyer, das so wahrscheinlich nur jemand schreiben kann, der sie irgendwann einmal nicht besessen hat – dem klar ist, dass die Rechte, die mit dieser Staatsangehörigkeit einhergehen, nicht selbstverständlich sind auf dieser Welt. Und nun gibt es auch in der politischen Mitte plötzlich die Diskussion, einigen Menschen diese Staatsbürgerschaft wieder wegzunehmen? Was ist geschehen? Denn dies wird deutlich von unserem Grundgesetz abgelehnt. Niemand kann die deutsche Staatsangehörigkeit wieder verlieren (wie es in anderen Staaten möglich ist, dass man seine Staatsbürgerschaft verlieren kann oder dass diese ausgesetzt wird). Rutscht unser Land, unsere Gesellschaft von der Mitte und rechts der Mitte zum extremen rechten Rand?
Ausgehend von diesem Diskussionspunkt schaut Abdollahi zurück. Die Ursachen des Rechtsrucks sieht er in viel Ignoranz gegenüber rechtem Gedankengut, schon beginnend seit den 80er Jahren. Wie waren die Haltungen? Was hat man wirklich gegen rechts getan in unserem Land?
Demokratie darf laut sein
Michel Abdollahi ist fabelhafter Beobachter unserer Gesellschaft und ein fabelhafter Botschafter für die Demokratie. Er mag laut sein, aber das braucht Demokratie, nämlich Menschen, die Laut für sie eintreten. Er ist fordernd, trifft daher wahrscheinlich auch den Tonfall für die Menschen, die eigentlich sonst nicht übermäßig politinteressiert sind – die normalerweise keine politischen Bücher lesen würden. Er seziert sehr genau, wie die AfD, über ihre Empörungskultur und die immer wieder bewusst begangenen Grenzüberschreitungen, die Masse der Gescheiterten, gefrusteten und sich als Verlierer empfindenden Menschen des Landes, einseift. Der AfD geht es nie um Fakten, sondern nur darum Emotionen zu schüren – und hier zumeist Hass, Wut, Ausgrenzung, Schuldzuweisungen an Minderheiten und dabei vor allem an Menschen mit Migrationshintergrund.
Abdollahis Sprache mag zeitweise einfach sein, aber dadurch ist er für viele Menschen lesbar und zu verstehen. All dies spickt er mit pointierten, autobiografischen Anekdoten. Ein zeitgemäßes Buch zur aktuellen Lange in Deutschland 2025.