Erschienen bei Ullstein
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Nicht nur für „Halbgötter in Weiß“
Zwei Dinge vorab: Ich habe nicht das äußerst erfolgreiche Buch „Darm mit Charme“ von Giulia Enders gelesen UND ich muss zugeben, dass die Naturwissenschaften nicht meine Heimat sind. Ich fühle mich mehr in den Geisteswissenschaften zu Hause. Und genau aus diesem Anlass heraus brauche ich Naturwissenschaftler, die über den Tellerrand der eigenen Profession heraus ihre Phänomene erklären können. Verständlich, anschaulich und dem Laien zugewandt. Dann wird plötzlich alles spannend, interessant, ansprechend und nimmt mich mit. Und das möchte ich vorweg deutlich sagen: Die Ärztin Giulia Enders hat eine Sprache, die auch dem Laien die Chance gibt, die oft komplexen Zusammenhände der Biochemie unseres Körpers verständlich zu machen. Darüber hinaus verdeutlicht sie mit ihrem Werk, dass Medizin nicht ein Wissen ausschließlich für „Halbgötter in Weiß“ sein muss.
Zwischen Reduktion und komplexem Fachwissen
Der Blick auf unseren Körper ändert den Blick auf unsere Leben. „Es ist faszinierend, wie unser Körper seine Probleme löst“ und es hat zweitweise vielleicht auch etwas Philosophisches. Wir verstehen wir selbst zu sein, weit über das Krankheiten heilen hinaus – wir verstehen mehr davon Mensch zu sein. Und es ist besonders, dass Giulia Enders diese Faszination auch zwischen den Zeilen Ihren Lesern immer wieder zusendet.
Giulia Enders versucht dabei auf einfache Art komplexe Systeme der Biochemie zu erklären. Wie alle Modelle mögen die Vereinfachungen auch mal hinken, aber sie helfen – ohne riesiges Fachwissen – Zusammenhänge zu verstehen. Jedoch, wie bei jeder Form der didaktischen Reduktion, muss auch Enders darauf achten, dass es nicht oberflächlich wird. Damit können Sachverhalten ihre Wissenschaftlichkeit verlieren und gleichzeitig dem Leser das Gefühl von einem Wissen übermitteln, was er bei weitem nicht nach der Lektüre hat. Das ist auch in diesem Buch immer wieder eine Gradwanderung.
Erforschen und Verstehen
Was aber zu allen Themenbereichen passt und was wohl auch der Antrieb ihres Schaffens ist, ist der Respekt vor dem Wunder unseres Körpers zu verdeutlichen. Betont eigenwillig, mit zeitweise eigenwilligem Humor und Vergleichen, formuliert sie viele ihrer Erklärungen. Das kann uns in den manchmal informationsgeladenen Passagen der Naturwissenschaften aufrütteln, zum Staunen bringen oder verwundern. Fakt ist, trotz der vielen Fakten bleiben wir am Ball. Giulia Enders hat ein „Händchen“ für Menschen.
Ihre Sprache ist voller vieler bildlicher Vergleiche und erinnert somit zeitweise schon mehr an Reisedarstellungen durch den Körper als an die Darstellungen wissenschaftlicher Zusammenhänge. Das hilft oft im Verständnis der komplexen Sachlagen, kann aber auch zum Wimmelbild werden.
„Organisch“ ist ein gutes Buch für Menschen, die unseren Körper mehr erforschen und verstehen wollen, ohne sich in die Tiefen der Fachausdrücke und Chemie herabseilen zu müssen.