Heinrich VIII – Der König und sein Gewissen | Sabine Appel Textopfer, Juni 16, 2024 Erschienen bei C.H. Beck (Rezensionsexemplar, also Werbung) Heinrich VIII –populär bis heute! Kein englischer Monarch ist wohl so bekannt wie Heinrich VIII, der nach fast 500 Jahren sogar zum „Helden“ einer erfolgreichen Fernsehserie mit 4 Staffeln wurde. Sex, Crime verkaufen sich gut und Heinrichs Geschichte klingt erst einmal so. Denn man kennt ihn vor allem wegen seiner sechs Ehefrauen, von denen zwei ihre Ehe und ihr Leben unter der Axt des Henkers im Tower of London beendeten. Heinrich war also ein grausamer, brutaler Renaissance-Herrscher, mit sehr viel Blut an seinen Händen. Und dies ist sein alleiniges Image in großen Teilen der Öffentlichkeit bis heute. Bildlich kennen wir ihn zumeist von den fettleibigen Bildern aus seinen letzten Lebensjahrzehnten. Aber wie alle Images wird dies der komplexen Person und seiner sehr komplexen Geschichte nicht gerecht. Heinrich startete als gutaussehenden Ritter, der vor der Geschichte seines Landes nicht versagen wollte. Geboren wurde er als Königssohn, aber nicht als Kronprinz. Und die Geschichte seines Lebens und seines Handels ist weitaus komplizierter und weniger gradlinig als wir sie uns vorstellen. Vielschichtigkeit und historische Einordnung Sabine Appel zeigt, dass die Entscheidungen Heinrichs in der ersten Hälfte seines Lebens bei weitem nicht ad hoc und spontan geschahen und dass vieles hätte anders verlaufen können. Schließlich war er mit seiner ersten Frau Katharina 24 Jahre (meist glücklich) verheiratet. Heinrich war zu Beginn seiner Herrschaft bei weitem nicht der scheinbar egomanische Diktator, der sich „mal eben“ vom Katholizismus trennte. Nein, er war ein gläubiger Mensch, sah sich als Verteidiger des katholischen Glaubens gegen die Reformation und für viele im Land war er nach der Beendigung der Rosenkriege durch seinen Vater, ein symphytischer Hoffnungsträger. Jedoch wuchs in ihm das Gefühl von Gott gestraft zu werden, da ihm die wichtigste Gabe zum Erhalt seiner Monarchie scheinbar verweigert wurde: Einen Sohn und somit ein Stammhalter für das noch junge Königsgeschlecht der Tudors zu erhalten. Sabine Appel hat die Fähigkeit Heinrichs Geschichte in ihrer Vielschichtigkeit übersichtlich darzustellen und auch die historische Einordung über die Einzelperson gut auf den Punkt zu bringen. „Der englische Renaissancehumanismus fällt mit der Tudor-Herrschaft zusammen. Das mag Koinzidenz sein, aber es spielt produktiv ineinander und führte zu einer Blütezeit der Kultur“. Eine Kultur, in der Heinrich, nachdem sein Vater Heinrich VII die politischen und finanziellen Grundpfeiler gelegt hatte, nun in seinem Leben eine deutliche Festigkeit und (für damalige Verhältnisse) Sicherheit brachte. Nur die Zukunft schien nicht gesichert. Lebensgefährliche Ränkespiele der Renaissance Voller Jubel waren die hochlebenden Worte allerseits bei der Thronbesteigung des jungen Königs Heinrich VIII, der eigentlich gar nicht für die Thronfolge vorgesehen war. Doch sein älterer Bruder Arthur verstarb und so übernahm Heinrich den Thron und auch die spanische Prinzessin Katharina, die eigentlich die jung vermählte Frau seines Bruders war. Nach dem sehr rationalen Heinrich VII war sein Sohn gleichen Namens für die Engländer ein Hoffnungsschimmer: Agil, sympathisch, fast 1,90m groß und geprägt durch eine für damalige Verhältnisse gute und moderne humanistische Erziehung. Dieser traf auf den größten Karrieristen der Zeit, den geschickten Machtmenschen Thomas Wolsey und eine der größten, intellektuellen Persönlichkeiten, nämlich Thomas More, der später heilig gesprochen wurde und – wie Appel resultiert – ein zerrissener Mensch zwischen Geisteswelt, Politik und Macht und dem Ideal des Klosterlebens und seiner Spiritualität war. Aber seine Lebensentscheidungen traf More dann doch sehr rational: Er heirate und wurde Anwalt. Beide Persönlichkeiten sollten durch Heinrich Aufstieg und tiefsten Fall erfahren. Heinrich aber profitierte von ihnen – lebensgefährliche Machtspiele der Renaissance. Sabine Appel ist Profi! Sabine Appels Werk über Heinrich VIII erschien nun in der 3. Auflage und der Erfolg unterstreicht die Leistung der routinierten Biografieschreiberin. Appel zeigt einen scharfen, professionellen Blick für die Zeit und gibt somit gute Einsichten zum Verständnis mancher historischen Quelle oder wie sie ihrem Verständnis nach in bestimmten Jahrhunderten (ob bewusst gewollt oder nicht) fehlinterpretiert wurden. Somit kommen zu den Zahlreichen Fakten, gute, interessante und fachkundige Erklärungsangebote für den Leser. Sie zeigt sich diesbezüglich auch sehr umsichtig. Eine fachlich sehr gute Lektüre! Biographie Geschichte Sachbuch C.H. Beck VerlagGeschichte