Erschienen bei Heyne
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Eine Biografie, die wie ein wundervoller Roman wirkt
Ein amerikanischer Musiker zieht mit seinen großen Trucks und großer Crew um die Welt. Vor seinen Konzerten versucht er zu erklären, dass die aktuelle Lage in seinem Heimatland, nicht das Amerika ist, das er besingt – er distanziert sich vom Amerika des derzeitigen amerikanischen Präsidenten. Und wie reagiert dieser? Für seine Verhältnisse, bei diesem Rockmusiker plötzlich sehr zurückhaltend. Fast keine Beleidigungen, wie bei anderen Künstlern. Warum? Wer ist dieser Bruce Springsteen, bei dem sogar der ansonsten laut pöbelnde Donald Trump fast devot reagiert? Kleinlaut wirkt. Es erscheint, dass Springsteen die Seele Amerikas so sehr verkörpert, dass der derzeitige dunkle Geist etwas zurückschreckt.
Um sich dieser besonderen, eindrucksvollen Person zu nähern, ist meine klare Empfehlung, seine 2016 erschienene Autobiographie „Born to run“ zu lesen. Eine Musikerbiografie, die so viel mehr ist als die typischen imageaufpolierenden Werke, die man ansonsten in diesem Genre kennt. „Der Boss“, ist und bleibt der Boss, ohne den Boden zu verlieren. Das Werk ist eine Autobiographie und wirkt doch an so vielen Stellen in Sprache, Wirkung und Darstellung, wie ein Roman. Ein eindrucksvolles literarisches Werk, das uns den Menschen Bruce Springsteen, seine Sichtweisen und wie sie entstanden sind, von der ersten bis zur letzten Seite erklärt, ohne jemals wie eine Rechtfertigung zu klingen. Nie großspurig, ohne Legendenbildung – nur durch die pure Darstellung der Geschehnisse seines Lebens in den USA.
Er schreibt beeindruckend, einnehmend
Bruce Springsteens Autobiografie ist vor allem ein besonderes Buch, auf einem hohen, eindrucksvollen literarischen Niveau. Es ist eine der ersten Autobiografien moderner Rockmusiker, bei dem man zu 100% sichergehen kann, dass kein Ghostwriter am Werk war. Seine Zeilen, seine Sprache wirken wie seine Texte – nur in diesem Fall, zu einem Großwerk umgesetzt. Es sind zeitweise die kleinen Aspekte der Bilder, die er uns in den Kopf ruft, die z.B. sein Aufwachsen in der ärmlichen Arbeiterklasse der 50er Jahre, die so atmosphärisch Leben einhauchen. Immer hat man das Gefühl im realistischen Bereich zu sein. Springsteen neigt weder dazu Dinge größer oder kleiner zu machen oder sich – im Gegensatz z.B. zu John Lennon, der von sich behauptete als Kind schon gewusst zu haben, dass er genial wäre – als eine Art kommenden Rock-Messias darzustellen. Er zeigt, dass vieles Glück und Zufall war, aber vor allem der Wille und die Liebe zur Rockmusik und die richtigen Begleiter, die ihm Energie auf seinem Weg gaben.
Er schreibt beeindruckend, einnehmend, teils assoziativ, ohne aber den Faden oder den Leser zu verlieren. Wir halten nicht nur eine Darstellung seines Lebens in der Hand, sondern ein großes Werk aktueller amerikanischer Literatur. Es geht nicht nur darum, was er uns zu sagen hat, sondern das wie, ist mindestens genauso mitreißend.
Langer Weg
Aber natürlich ist „Born to run“ ein Buch über Musik. Grandios z.B. seine Darstellung über die Wirkung von Elvis Presleys erstem nationalweit ausgestrahlten Auftritt in der Ed Sullivan Show auf die Jugend in den USA. Lange Zeit spielt Bruce in unbekannten Bands, bis zum Durchbruch als Frontfigur „Bruce Springsteen“ und die berühmte E-Street-Band. Springsteens Geschichte ist eine amerikanische Geschichte, ist voller Freiheitsdrang, Leidenschaft für Musik und ein guter Blick seiner Texte auf sein Land. Er ist damit definitiv Teil des Landes und wird daher von vielen so erlebt.