Das Chalet | Ruth Ware

Erschienen im dtv-Verlag

Eingeschneit

Robinsonaden sind mein Ding! Sie kitzeln in Extremsituationen die Abgründe von Charakteren heraus, die man im Alltag doch so gut kaschieren kann. Dies vor allem, wenn eine Gruppe junger, dynamischer, hipper Start-up Freaks auf engstem Raum hockt und sie sich ihre Egos aneinander abarbeiten. Eingesperrt und ohne Kontakt nach außen ist der Psychokoller bei diesem extrovertierten Menschenschlag vorprogrammiert. Bei Ruth Ware ist hier die „Insel“ ein Luxusresort in den rauen französischen Alpen, umgeben von einem Meer aus Schnee! Lawinenabgang und sie sind wie eingeschneit, handlungsfähig, Menschen verschwinden und es kommt zu Morden! Spätestens jetzt kann man das Buch nicht mehr zur Seite legen! 

Eine Krimiprofiautorin!

Ruth Ware ist uns allen wahrscheinlich noch vom Thriller „Woman in Cabin 10“ bekannt. Sie versteht sich aufs Krimi schreiben. In diesem Werk nun sind wir in einem luxuriösen Chalet, umgeben von Charakteren, die wir schnell glauben alle schon lange zu kennen. Ruth Ware lässt einige selbst die Geschichte erzählen und vor allem die Mitarbeiterin Liz, die irgendwie nicht zur Gruppe dazugehört, irgendwie mitfahren musste, obwohl sie keiner dabeihaben wollte, macht uns den Aufenthalt in der Nobelimmobile von Anfang an etwas unangenehm und unbehaglich. Denn trotz wunderschöner Umgebung gefallen ihr die anderen Gestalten nicht, verachtet sie sie. Und wir merken: Zeitweise zurecht!
Aber viele hier haben ein Geheimnis, auch jene, von denen man es am wenigsten erwartet. 

Das System neu erdacht!

Auch wenn der Aufbau des Buches nach dem berühmten Agatha-Christie-System von „Dann gab es keines mehr“ klingt, werden wir hier doch oft sehr überrascht. Im berühmten System verschwinden, sterben immer mehr Personen, aber trotz dieses bekannten Rahmens sind wir gespannt, wollen wir mehr wissen. 
Und es darf so viel verraten werden: Alles läuft auf einen dramatischen letzten Kampf ums Überleben in der wilden, eiskalten und rauen Gebirgswelt hin. Wir müssen mit 
allem rechnen!

Mehr als „nur“ Crime-Time“!

Ruth Ware erzählt uns hier nicht nur eine Geschichte über Mord. Nein, es geht auch um Missgunst and Gier. Diese Abgründe der Menschheit werden uns in fabelhaften Dialogen präsentiert, wenn z.B. die Firmencrew beim möglichen Ableben einzelner Mitreisender nicht über den menschlichen Verlust diskutiert, sondern über mögliche wirtschaftliche Konsequenzen für alle. Das hält doch manchen Teil unserer westlichen Gesellschaften den Spiegel vor.