Erschienen bei Kiepenheuer und Witsch
(Rezensionsexemplar)
Was sagt uns dies über unser Land?
Ich habe sehr, sehr viele Bücher zum Thema Nationalsozialismus gelesen und die Schwämme an „neuen Büchern“, die uns altbekanntes zum Thema sagen, ist groß. Aber nun durfte ich ein Buch lesen, dass mir durch seine fabelhafte, umfangreiche Recherche neue Einblicke, vor allem bezüglich der Systemgewinner und ihrem geschichtsrevisionistischen Umgang mit ihren Taten gab. Das Buch handelt von vielen, uns bekannten Familien, wie Quand, Flick, Porsche, Piëch, Oetker und vielen mehr – ja, um das Anbiedern des Großkapitals an Macht und an alle, die die Bevölkerung entrechten möchten. David de Jongs engagiertes Werk „Braunes Erbe“ legt den Finger in die Wunde von Familien, die fast übergangslos in Nazi-Deuschland und in der Bundesrepublik sehr viel Kapital anhäuften, die also sowohl in der Diktatur als auch in der Demokratie zu den finanziellen Gewinnern gehörten – die sich einfach anpassten an Menschenausbeutung, Rassismus, Ignoranz gegenüber Mord und Todschlag und die dann in der Bundesrepublik sich sogar zeitweise als eigentlich Widerstandskämpfern profilieren wollten. All das geschieht, in dem man angebliche unabhängige Historiker seine Geschichte aufschreiben lässt und vielleicht Minimalitäten zugibt. Doch David de Jong hat sehr gut recherchiert und zeigt uns, dass „Vorher-Nachher-Verhalten“ auf entlarvende Art. Ein großartiges Buch, eine Bereicherung für jeden Geschichtsinteressierten und eigentlich ein „Muss“, für jeden in der Bundesrepublik. Das Buch rüttelt auf! Die ultrareichen Familien sind die selben, wie in der NS-Diktatur! Was sagt uns dies über unser Land?
Ob Quandt, Flick, Oetker, Porsche und andere
Am 20.02.1933 treffen sich, nur drei Wochen nachdem die Nazis an der Macht sind, Günther Quandt, Friedrich Flick, August Baron von Finck, Gustav Krupp von Bohlen und Halbach und andere, in der Berliner Residenz Hermann Görings. Sie werden den scheinbar sehr beschäftigten Hitler treffen, der sie durch eine 90minütige Rede auf die Reichstagswahlen am 5. März vorbereiten wird und dann geht. Göring wird ihnen im Anschluss die Wichtigkeit der finanziellen Unterstützung der Partei und seiner vielen Unterorganisationen erklären und in den nächsten Tagen werden alle große Spenden an eben jene tätigen. Dieses Treffen ist nicht der Beginn der Verflechtungen zwischen dem deutschen Kapital und den Nazis und es ist auch bei weitem nicht das Ende – es ist einfach eine Zwischenepisode, die so viel erklärt. Geld bringt nicht nur Reichtum und Wohlstand, es sollte eigentlich auch gesellschaftliche Verantwortung mitbringen. Dass dies in Diktaturen bei weitem nicht so ist, zeigen uns in der Bundesrepublik Deutschland immer wieder viele der reichsten Familien in unserem Land, die auch schon im NS Staat megareich waren oder erst recht durch den Faschismus reich wurden. Es gilt immer wieder auf diese zu zeigen und darauf hinzuweisen, denn so oft geschieht in diesen Familien eine Art Familienamnesie, Verdrängung oder pseudo Geschichtsaufarbeitung, d.h. bezahlte Geschichtsschreibung im Auftrag der Nachfahren der Täter. De Jong hält deutlich und beeindruckend dagegen!
Ein wichtiges Buch!
Das Buch durchleuchtet jedoch nicht nur die Machenschaften der berühmten Familien im dritten Reich, sondern intensiv auch, was aus dem “Braunen Erbe” und seinen Besitzern wurde. Wie sie sich in die Bundesrepublik flohen und es dort schafften, weiterhin reiche, “angesehene” Bürger zu werden – die salonfähig blieben und mit den kapitalkräftigen Firmen und dem Staat gerne Geschäfte machten. Es zeigt die Doppelmoral großer Teile von Industrie und Gesellschaft in unserem Land – bis heute! Oder vielleicht eher: Dass sehr wenig Moral vorhanden war!
Da wird vergessen, dass Friedrich Flick den Freundeskreis Reichsführer SS als „Spiegelbild der deutschen Wirtschaft“ pries. Oder Richard Kaselowsky, Mann der „Dr.Oetker“ Witwe signierte Freiexemplare von “Mein Kampf” an seine Belegschaft verteilte und 100.000e für neue rassenideologische „Blut und Boden“ Siedlungsprojekte im Osten spendete. Oder natürlich, dass Porsche und sein Schwiegersohn von Piech den „Volkswagendeal“ – ein Millionengeschäft für sie mit Hitler abschlossen. De Jong präsentiert uns viele, viele dieser Beispiele!
Für mich ist dieses Buch in unserer Zeit, in der auch in der Mitte der Gesellschaft immer mehr ein Tenor entsteht, die Vergangenheit ruhen zu lassen oder der Versuch das dritte Reich als Minimalität der deutschen Geschichte abzutun, eines der wichtigsten Bücher! Denn es geht um die Macht, die mit Reichtum einhergeht. Wie sie Faschismus unterstützte und sich diesen im nächsten Staat einfach abwusch.