Erschienen bei Propyläen-Verlag/Ullstein
(Rezensionsexemplar, also Werbung)
Neues aus der Antike
Was gibt es Neues in der Germanenforschung? Und: Gibt es da überhaupt Neues? Karl Banghard hat sich mit seinem Sachbuch „Die wahre Geschichte der Germanen“ eine große Aufgabe gestellt. Mögen wir nicht immer wissen, wie es war oder was war und auch nur oft auf Thesen aufgebaute Vorstellungen haben, so ist jedoch hier sehr klar, dass Banghard mit vielen Mythen, Märchen und Gerüchten rund um die Bewohner Mitteleuropas in der Antike, aufräumen will. Dazu zieht er – neben den bekannten Quellen um Cäsar und Tacitus – neuste archäologische Grabungsergebnisse vor, die zum Teil die schriftlichen Quellen (im Gegensatz zu vorherigen Interpretationen) bestätigen, zum Teil aber auch deutlich widerlegen. So startet er seinen (wie er es im Buch benennt) „Roadtrip“ durch Europa und fasst die aktuellen Ergebnisse zusammen. Ein interessanter „Rundumschlag“, durch ein fesselndes und nie endendes Thema.
Natürlich stellt sich immer wieder die Frage, wer denn überhaupt diese große Gruppe von Menschen war, die wir schlichtweg einfach (im Vorbild an Cäsar angelehnt) als Germanen bezeichnen. Banghard findet eine gute Lösung. Vielleicht sollte man „die Germanen“ nicht als eine ethnische Gruppe, sondern vielmehr als eine soziale Gruppe verstehen. Denn die kulturellen Verwandtschaften zwischen den „Stämmen“, die doch so oft mit wechselnden Namen in Quellen genannt werden, sind offensichtlich. Eines waren sie auf jeden Fall nicht: Sie waren nicht „Urdeutsche“! Diese Geschichte aus dem rechtspolitischen Märchenbuch gilt es nun endgültig im Kreise von gebildeten Menschen abzuschließen.
Sprache
Das Verbindende Element von dem historischen Phänomen der Germanen, bleibt die Sprache. Aber Sprachentwicklung ist oft sehr schwer nachzuvollziehen. Hier gilt es, dass wir uns von der Vorstellung eines „Sprachenbaums“, mit einem Sprachstamm und vielen Verzweigungen, verabschieden. Auf diese Weise entwickeln sich Sprache nicht. Sie bildet Neues, aber übernimmt, in den gegenseitigen Beeinflussungen mit anderen, auch wieder Altes. Oft vermischen sich also Sprachen nach ihrer Differenzierung wieder. Ein nicht logischer, aber sehr dynamischer Prozess.
Bei seiner selbst verwendeten Sprache, seiner Wortwahl, versucht Banghard wohl neue Leser für die Sachbuchspalte zu gewinnen und verabschiedet sich an vielen Stellen von der herkömmlichen – zeitweise sehr trockenen – Sprache vieler geschichtlicher Sachbücher.
Er versucht hier wohl eine neuere, zeitgemäßere Form eines Sachbuchs zu präsentieren, wenn er z.B. Neologismen oder Jugendsprache verwendet und plötzlich Worte wie Erkenntnis-Burner, Varusgate, Dissen, etc. in einem Sachbuch nennt. Dies lockert, in einem Genre, das sich ansonsten streng wissenschaftsbetont präsentiert, vielleicht das „Miteinander“ zwischen Leser und Autor etwas auf, es ist aber zeitweise auch sehr ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig. Dieser, zeitweise lachse Tonfall, hätte das Buch nicht nötig gehabt, denn durch seine hervorragende – vor allem archäologischen – Informationen, nimmt es den Leser auch so schon gut mit.
Ein interessantes, aktuelles und gutes Geschichtsbuch, das uns dem historischen Phänomen der Germanen, ein ganzes Stück näher bringt.